1 Allgemeines
Rz. 1
Die Nichtigkeitsklage nach § 94 kann nur gegen eine eingetragene Genossenschaft erhoben werden (allgemeine Auffassung vgl. Holthaus/Lehnhoff in L/W § 94 RN 4). Die Nichtigkeitsklage kommt gegen eine im Gründungsstadium befindliche Genossenschaft nicht infrage (Bauer § 94 RN 2). Solange die Genossenschaft noch nicht eingetragen ist, richtet sich die Nichtigkeit der Satzung nach den allgemeinen Regelungen des BGB. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die Genossenschaft im Gründungsstadium bereits ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen hat. In diesem Fall kommen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zum Zuge (Beuthien § 94 RN 2).
Dagegen ist die Nichtigkeitsklage gegen eine Genossenschaft, die sich bereits im Liquidationsstadium befindet, denkbar. Das Rechtschutzinteresse für eine Klage kann bejaht werden, solange die bereits in die Liquidationsphase eingetretene Genossenschaft durch einen Fortsetzungsbeschluss wieder zu einer werdenden Genossenschaft gemacht werden kann (a. A. Holthaus/Lehnhoff in L/W § 94 RN 5).
Rz. 2
Neben der Nichtigkeitsklage besteht die Möglichkeit der Löschung der nichtigen Genossenschaft von Amts wegen. Nach § 397 Satz 2 FamFG kann eine in das Genossenschaftsregister eingetragene Genossenschaft auch von Amts wegen gelöscht werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§ 94, 95 GenG die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann (Bauer § 94 RN 2). Die Löschung von Amts wegen hat dabei die gleiche Rechtsfolge wie das durch die Nichtigkeitsklage verfolgte Nichtigkeitsurteil.
Grundsätzlich steht die Einleitung eines registerrechtlichen Amtslöschungsverfahrens der Nichtigkeitsklage nicht entgegen, denn dem gemäß § 94 zur Klageerhebung befugten Personenkreis soll von sich aus die Möglichkeit gegeben werden, die Löschung der fehlerhaften Genossenschaft zu betreiben. Für die Nichtigkeitsklage tritt jedoch Erledigung in der Hauptsache ein, wenn während des Verfahrens die Amtslöschung nach § 397 Satz 2 FamFG durchgeführt worden ist. Im Falle der Nichtigkeitsklage bietet sich jedoch für das Amtslöschungsverfahren die Aussetzung nach § 381 FamFG an.
2 Nichtigkeitsgründe
Rz. 3
Die Klage auf Nichtigkeitserklärung der Genossenschaft setzt voraus, dass eine Satzung vorliegt, in der wie in § 95 als wesentlich bezeichnende Bestimmungen fehlen oder mangelhaft sind. Danach gelten als wesentlich die in den §§ 6, 7 und 119 bezeichneten Bestimmungen der Satzung mit Ausnahme der Vorschriften über die Beurkundung von Beschlüssen der Generalversammlung und den Vorsitz in der Generalversammlung sowie über die Grundsätze für die Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses. Eine wesentliche Satzungsbestimmung fehlt jedoch nicht, wenn sie sich aus dem Gesamtinhalt der Satzung durch Auslegung erschließen lässt (Beuthien § 94 RN 3).
Die vorbezeichneten Nichtigkeitsgründe sind abschließend in § 95 geregelt. Mängel im Zusammenhang mit der Feststellung der Satzung – etwa Beurkundungsmängel oder fehlende Mitwirkung der Mindestzahl von Gründern bei der Feststellung der Satzung – stellen keinen zur Nichtigkeit der Genossenschaft führenden Mangel dar (Müller § 94 RN 3). Das Gleiche gilt, wenn die Satzung Bestimmungen enthält, die gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften oder gar gegen die Strafgesetze verstoßen. In diesen Fällen kommt eine Auflösung nach §§ 80, 81 in Betracht.
Rz. 4
Die Nichtigkeitsgründe müssen bereits in der Gründungssatzung gegeben sein. Spätere Satzungsänderungen, die zur Nichtigkeit wesentlicher Satzungsbestimmungen führen können, sind nicht geeignet, die Nichtigkeitsklage zu begründen und führen auch nicht zur Amtslöschung der Genossenschaft nach § 397 Satz 2 FamFG (BayObLG, BB 1985, S. 426).
Ein derartiger Mangel begründet lediglich eine Klage auf Nichtigkeit des Beschlusses der Generalversammlung oder führt zur Löschung der nichtigen Satzungsänderung von Amts wegen durch das Registergericht nach § 397 Satz 2 FamFG (vgl. Holthaus/Lehnhoff in L/W § 94 RN 4).
Fehlt eine Satzung gänzlich, z. B. weil die vorgelegte Satzung nicht beschlossen worden ist, so ist auch keine eingetragene Genossenschaft entstanden und § 94 nicht anwendbar.
3 Parteien des Klageverfahrens
Rz. 5
Zur Klage befugt ist jedes Mitglied der Genossenschaft sowie jedes Mitglied des Vorstandes und des Aufsichtsrates. Der Vorstand oder der Aufsichtsrat als Organ haben keine Klagebefugnis (Holthaus/Lehnhoff in L/W § 94 RN 7; Beuthien § 95 RN 4). Ebenso wenig können Dritte, auch wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen könnten, wie z. B. Gläubiger oder der Prüfungsverband, Klage erheben (Holthaus/Lehnhoff in L/W § 94 RN 7). Ihnen verbleibt die Möglichkeit, ein Löschungsverfahren durch das Registergericht zu veranlassen. Die Voraussetzungen für die Klageberechtigung müssen im Zeitpunkt der Klageerhebung vorliegen, ein späterer Wegfall ist für die Klagebefugnis ohne Relevanz, da ein Genossenschaftsmitglied nicht verpflichtet sein kann, Mitglied in der Genossenschaft zu bleiben, obwohl er die Genossenschaft für nichtig hält und sie durch das Klageverfahren ...