1 Nichtigkeitsgründe

 

Rz. 1

§ 95 Abs. 1 definiert die als wesentlich i. S. d. § 94 zu bezeichnende Bestimmung der Satzung, die zur Nichtigkeit der Genossenschaft führen kann. Nach Abs. 1 kann die Nichtigkeitsklage damit begründet werden, dass die in den §§ 6, 7 und 119 GenG aufgeführten Regelungsgegenstände in der Satzung nicht enthalten oder die diesbezüglichen Bestimmungen nichtig sind. Ausgenommen davon sind lediglich die Bestimmungen über die Beurkundung der Beschlüsse der Generalversammlung und deren Vorsitz (Bauer § 95 RN 3). Diese Aufzählung ist abschließend, weitere Nichtigkeitsgründe können nicht geltend gemacht werden (OLG Hamburg OLGZ 36, S. 284; Müller § 95 RN 2; Holthaus/Lehnhoff in L/W § 95 RN 2).

Fehlt in der Satzung ein gemäß §§ 6, 7 und 119 GenG festgeschriebener Pflichtbestandteil, so ist der Nichtigkeitsgrund gegeben, es sei denn, durch sachgerechte Auslegung der gesamten Satzung nach den allgemeinen Grundsätzen lässt sich trotz Fehlens einer ausdrücklichen Bestimmung der Regelungsgehalt erschließen, so etwa, wenn die Firma der Genossenschaft den Gegenstand der Genossenschaft klar umschreibt, so dass keine Zweifel aufkommen können, wie sich der Unternehmensgegenstand definiert (Holthaus/Lehnhoff in L/W § 95 RN 3). Aufgrund der Bedeutung der in den §§ 6, 7 und 119 festgelegten Bestimmung für das Statut müssen an einen derartigen Auslegungsfall jedoch strenge Maßstäbe gelegt werden.

 

Rz. 2

Ferner ist die Klage begründet, wenn eine vorhandene Satzungsbestimmung aus ihrem Inhalt heraus nichtig ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die betreffende Satzungsbestimmung so unklar gefasst ist, dass auch im Wege der Auslegung zu einem wesentlichen Punkt des Satzungsinhalts, z. B. hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes oder der Haftsumme, keine klaren Aussagen getroffen werden können (Holthaus/Lehnhoff in L/W § 95 RN 3). Nichtigkeit einer Satzungsbestimmung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sie gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt, vgl. §§ 134, 138 BGB. Darüber hinaus ist eine Satzungsbestimmung auch dann als nichtig anzusehen, wenn sie mit dem Wesen des Genossenschaftsrechts nicht zu vereinbaren ist.

 

Rz. 3

Für die Begründung der Nichtigkeitsklage braucht die Satzungsbestimmung nicht bereits beim Entstehen der Genossenschaft mangelbehaftet sein. Es reicht vielmehr aus, wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt nichtig wird, z. B. kann eine Satzungsbestimmung etwa durch eine Gesetzesänderung nachträglich nichtig werden. Wird der Geschäftsbetrieb einer Genossenschaft dagegen über den ursprünglich in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand hinaus weiter ausgerichtet, z. B. eine Wohnungsgenossenschaft wird mit einer Spareinrichtung geführt und der Unternehmensgegenstand wird nicht angepasst, so führt dies nicht zur Nichtigkeit der Satzung. In diesem Fall wird zwar der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft nicht mehr von dem Satzungsgegenstand gedeckt, so dass ein Satzungsverstoß vorliegt, ein inhaltlicher Mangel der Satzung, etwa wegen Gesetzesverstoßes, liegt dagegen nicht vor.

Davon zu unterscheiden sind nichtige Satzungsänderungen, diese führen lediglich dazu, dass die Satzungsänderung an sich nichtig ist, mit der Folge, dass die Satzung in ihrer ursprünglichen Fassung vor Erlass des Satzungsänderungsbeschlusses durch die Generalversammlung weiter gilt (vgl. dazu auch § 94 RN 7). Nichtige Satzungsänderungen begründen damit keine Nichtigkeitsklage.

2 Heilung der Nichtigkeit

 

Rz. 4

Ein nach Abs. 1 wesentlicher Mangel kann nach Abs. 2 durch eine Satzungsänderung geheilt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die allgemeinen Vorschriften zur Satzungsänderung, insbesondere die normierten Mehrheitserfordernisse bei der Beschlussfassung, eingehalten werden (vgl. § 16). Die Heilung erfolgt in der Weise, dass durch die Satzungsänderung eine wirksame Satzungsbestimmung die fehlerhafte oder nichtige Satzungsregelung ersetzt (Bauer § 94 RN 4).

Bezieht sich der Mangel auf Bestimmungen über die Form der Einberufung der Mitglieder- oder Vertreterversammlung und ist damit die Satzungsbestimmung unanwendbar, so hat gemäß § 95 Abs. 3 die Einberufung der Mitglieder- und Vertreterversammlung durch Einrücken in diejenigen öffentlichen Blätter zu erfolgen, welche für die Bekanntmachung der Eintragung in das Genossenschaftsregister des Sitzes der Genossenschaft vorgesehen sind. Denn in diesem Fall ist die Einberufung der Generalversammlung unter Anwendung der nichtigen Satzungsbestimmung nicht möglich (Beuthien § 95 RN 3; Holthaus/Lehnhoff L/W § 95 RN 5).

 

Rz. 5

Betrifft der Satzungsmangel eine Bestimmung über die Haftsumme gemäß § 119, so darf nach Abs. 4 durch die zur Heilung des Mangels beschlossene Bestimmung den Gesamtbetrag der von den einzelnen Mitgliedern übernommenen Haftung nicht mindern. Beispiel: Ist entgegen der Regelung des § 119 bei einem Geschäftsanteil von 300 EUR die Haftsumme auf 200 EUR festgesetzt worden, so kann eine Heilung dieses Mangels nur dadurch erfolgen, dass die Haftsumme auf 300 EUR erhöht oder der Geschäftsante...

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