Nachdem der Europäische Gerichtshof die deutsche Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gekippt hatte, musste die Bundesregierung die HOAI anpassen. Jetzt liegt der Gesetzentwurf vor: Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI werden gestrichen.
Für Honorare für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren soll es dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge künftig keine verbindlichen Mindest- oder Höchsthonorarsätze mehr geben. In Folge der Streichung der verbindlichen Sätze wird die Honorarhöhe "in allen Fällen frei vereinbar" sein, heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Novellierung der Honorarordnung für Ingenieure und Architekten (HOAI) (Stand 31.8.2020). Die Regelungen für die Kalkulation der Honorare sollen erhalten bleiben.
Das entsprechend ermittelte Honorar kann jedoch abgeändert werden, etwa durch Zu- oder Abschläge. Die künftige HOAI solle eine Orientierung für die Honorarhöhe im Einzelfall bieten. Darüber hinaus soll es künftig für eine wirksame Honorarvereinbarung nicht mehr erforderlich sein, dass diese bereits zur Auftragserteilung vorliegt.
Vergaberechtliche Regelungen ebenfalls angepasst
Im Entwurf sind auch vergaberechtliche Regelungen geändert. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Covid-19-Pandemie hat sich in der Vergabepraxis gezeigt, dass Unsicherheit bei den Verfahrensregeln für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb in Fällen eines äußerst dringlichen Beschaffungsbedarfs besteht", heißt es in der Begründung. Änderungen sind in der Vergabeverordnung, der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit sowie der Sektorenverordnung vorgesehen.
Zudem sind Änderungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen geplant. Hierbei geht es laut Entwurf um Berichtspflichten von obersten Bundesbehörden und Bundesländern über die Anwendung des Vergaberechts. Der feste Turnus der Berichtsfälligkeit soll gestrichen werden. Stattdessen soll laut Entwurf künftig auf Anforderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie berichtet werden. Die Berichte dienen laut Begründung der Vorbereitung des deutschen Monitoringberichts an die Europäische Kommission.
EuGH hatte bisherige HOAI gekippt
In seinem Urteil vom 4.7.2019 (Az. C-377/17) hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure gegen europäisches Recht verstoßen. Betroffen ist nach Auffassung des höchsten Europäischen Gerichts die Dienstleistungsrichtlinie und die Niederlassungsfreiheit der Mitglieder der Europäischen Union (EU). Deshalb muss die nationale Rechtsordnung jetzt an die Vorgaben des Urteils angepasst werden.
Zwischenzeitlich ist bei deutschen Gerichten zudem ein Streit darüber entbrannt, ob die HOAI bis zu einer neuen Verordnung weiter anzuwenden ist – auch dies muss der EuGH noch klären. Die Neufassung der HOAI soll zum 1.1.2021 in Kraft treten.