Prof. Dr. Helmut Weingärtner
Ein Notar ist durch eine Disziplinarverfügung mit einer Geldbuße in Höhe von 7.500 EUR wegen "systematischer" Aufspaltung von Verträgen in Angebot und Annahme in 8 Fällen belegt worden.
Der Notar hatte in 8 Fällen Grundstückskaufverträge wie folgt beurkundet:
Durch Vermittlung eines Finanzdienstleisters bestimmte er einen Beurkundungstermin, zu dem Käufer ihr bindendes Angebot zum Erwerb eines Grundstücks abgaben. Die Frist zwischen der Vereinbarung des Beurkundungstermins und der tatsächlich durchgeführten Beurkundung war so kurz, dass die Käufer regelmäßig keine Gelegenheit gehabt hatten, sich ausreichend auf die Beurkundung vorzubereiten. Mit den jeweiligen Verkäufern hatte der Käufer jedenfalls bis zur Beurkundung keinen Kontakt gehabt.
Planmäßige und missbräuchliche getrennte Beurkundung von Angebot und Annahme
Dieses Beurkundungsverfahren verstößt gegen § 14 Abs. 3 BNotO i. V. m. Ziffer II Nr. 1a der Berufsrichtlinien der Notarkammern. Ein Notar hat jedes Verhalten zu vermeiden, das den Anschein eines Verstoßes gegen die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten, insbesondere den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit erzeugt. Die Richtlinien bestimmen, dass es unzulässig ist, Verträge systematisch, – also planmäßig und missbräuchlich – in Angebot und Annahme aufzuspalten. Zweck des Verbots ist, eine Gestaltung des Beurkundungsverfahrens zu verhindern, durch die der Schutzzweck der notariellen Beurkundung ausgehöhlt oder die Durchsetzung bestimmter Vertragsbedingungen unter Vermeidung der Verhandlung mit dem Vertragspartner verfolgt wird und die deshalb den Eindruck entstehen lassen, dass der Notar nicht mehr unparteiisch und unabhängig ist. Nach den Umständen der vorliegenden Fälle war weiter davon auszugehen, dass die Aufspaltung der einzelnen Beurkundungsvorgänge "systematisch", also planmäßig und missbräuchlich, erfolgte.
Ausnahme: wenn ein sachlicher Grund vorliegt
Zwar wird, wenn ein Verbraucher eine Immobilie von einem Bauträger ausschließlich zum Zwecke der Kapitalanlage und/oder Steueroptimierung erwirbt, die Vertragsaufspaltung in die vom sog. Zentralnotar zu beurkundende Erklärung des Verkäufers und die vom sog. Ortsnotar zu beurkundende Erklärung des Käufers häufig den Interessen beider Parteien entsprechen und damit oftmals auch von einem sachlichen Grund getragen sein; gibt bei Vorliegen eines sachlichen Grunds der "belehrungsbedürftigere" Käufer das Angebot ab, so ist hiergegen unter dem Gesichtspunkt der obigen Vorschriften grundsätzlich nichts einzuwenden. In den vorliegenden Fällen aber hat der Notar jedoch nicht vermocht, substanziiert vorzutragen, dass jeweils ein sachlicher Grund gegeben war.
Der Bundesgerichtshof hat die Disziplinarverfügung bestätigt.
Der vorliegende Fall zeigt deutlich, welche hohen Anforderungen an die Unparteilichkeit eines Notars gestellt werden und wie rigoros die Dienstaufsicht Verfehlungen in dieser Richtung mit empfindlichen Disziplinarstrafen verfolgt.
(BGH, Urteil v. 14.3.2016, NotSt (Brfg) 6/15, NotBZ 2016 S. 393 f.)