Sturz an der "falschen" Tür

Die zum Unfallzeitpunkt 86-jährige Klägerin und ihr Ehemann waren Gäste in einem Hotel an der Ostsee, das von dem Beklagten betrieben wird. Am letzten Abend ihres 4-tägigen Aufenthaltes stürzte die Klägerin bei dem Versuch, das Hotel durch eine gläserne Drehtür zu betreten. Sie hatte sich der Drehtür aus der Richtung des außen angebrachten Treppengeländers von der Seite genähert. Dabei übersah sie, dass die ebenfalls gläserne Einfassung der Drehtür dort keine Öffnung hatte. Sie stieß deshalb gegen diese Einfassung, stürzte und verletzte sich erheblich. Sie verlangte vom Beklagten Schadensersatz. Das Landgericht hatte die Klage in 1. Instanz abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg.

Zu viel Durchsicht schadet

Nach Auffassung des OLG Schleswig hat der Hotelier seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Eine Glasfläche, die bis zum Boden reiche, müsse nach § 38 Abs. 2 der Landesbauordnung Schleswig-Holstein so gekennzeichnet werden, dass sie leicht erkennbar sei. Der Beklagte habe die ihm hiernach obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil es an einer derartigen Kennzeichnung fehle. Der mehrere Zentimeter breite weiße Rahmen reiche für eine leichte Erkennbarkeit des Elementes nicht aus, weil er nur einen kleinen Teil der gesamten Fläche ausmache. Es reiche ebenfalls nicht, dass der gesamte Eingangsbereich gut erkennbar sei.

Erforderlich sei vielmehr, dass leicht zu erkennen sei, wo sich die Öffnung der Tür befinde. Der Beklagte durfte auch nicht davon ausgehen, dass sich Besucher der Glastür stets vorsichtig nähern. Zwar habe auch der Fußgänger bei der Benutzung einer Drehtür besondere Sorgfalt anzuwenden. So müsse er darauf achten, dass er die Drehtür an ihrer Öffnung betrete und nicht gegen die rotierenden Türflügel stoße. Aber gerade wegen der erforderlichen erhöhten Aufmerksamkeit auf das Drehelement bestehe die Gefahr, dass einzelne andere Details übersehen werden.

Unaufmerksame Gäste

Darüber hinaus könne vom Benutzer keine uneingeschränkte Aufmerksamkeit auf die Tür verlangt werden. Vielmehr sei es üblich, dass sich Fußgänger einer Tür nähern, während sie sich im Gespräch befinden. In Hotel- und Gastronomiebetrieben sei es zudem nicht unüblich, dass Gäste in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit durch Alkoholkonsum eingeschränkt seien. Durch eine besondere Wegführung sei die Gefahr eines Unfalles hier noch erhöht worden. Die Außentreppe, die auf die Drehtür zuführe, sei wesentlich breiter als die Tür selbst. Das Treppengeländer sei ganz am linken Rand angebracht, sodass ältere oder gehbehinderte Hotelgäste nicht mittig – also dort, wo die Öffnung sei – auf die Drehtür zugingen, sondern von der linken Seite aus.

Eigenverschulden

Die Klägerin treffe allerdings ein Mitverschulden in Höhe eines Drittels. Die Glasfläche sei – wenn auch nicht leicht – grundsätzlich erkennbar gewesen. Die gesamte räumliche Situation habe eine gewisse Unübersichtlichkeit aufgewiesen, weshalb eine besondere Vorsicht geboten gewesen sei. Überdies sei die Situation für die Klägerin aufgrund ihres mehrtägigen Aufenthalts in dem Hotel nicht neu oder überraschend gewesen.

(OLG Schleswig, Urteil v. 22.6.2017, 11 U 109/16)

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