Leitsatz
Ein CMR-Frachtbrief ist auch dann als Versendungsbeleg i.S.v. § 17a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV anzuerkennen, wenn er nicht vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist (entgegen BMF-Schreiben v. 5.5.2010, BStBl 2010 I S. 508, Rz. 36 und entgegen Abschn. 6a.4 Abs. 3 Satz 5 UStAE).
Sachverhalt
K beanspruchte die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen neuer Kfz an Firmen in Italien, die vom Inländer S vertreten wurden. Die Erwerber verkauften die Kfz an andere Abnehmer; sie wurden direkt aus Deutschland an die Abnehmer geliefert. Die Erwerbssteuer wurde hinterzogen. Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung wegen unzureichender Nachweise.
Entscheidung
Wird nicht über die Abnehmer getäuscht und liegen Reihengeschäfte vor, ist die innergemeinschaftliche Lieferung nur einer Lieferung zuzuordnen. Erklärt der Ersterwerber gegenüber dem ersten Lieferer, er befördere den Gegenstand der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat als den Liefermitgliedstaat, handelt er dabei unter seiner USt-IdNr. Holt er den gelieferten Gegenstand beim ersten Lieferer ab, ist die Beförderung der ersten Lieferung zuzuordnen. Dass er dabei einen Fahrer und Lkw des Zweiterwerbers nutzt, ist ebenso wie die Anmietung eines Fahrzeugs und kurzfristige Beschäftigung eines Fahrers ohne Bedeutung. Auch die Beförderung zu einer anderen Adresse als der des Ersterwerbers führt nicht zur Zuordnung der Beförderung zur zweiten Lieferung. § 6a Abs. 4 S. 1 UStG ist bei einem Reihengeschäft zu beachten, wenn die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer deren Unrichtigkeit nicht erkennen konnte.
Kommentar
Praxishinweis
Die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen setzt voraus, dass der Unternehmer nachweist, wer Abnehmer seiner Lieferung ist. Verlagert wird die Steuer auf denjenigen, der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, und damit auf den Abnehmer der Lieferung als Erwerber. Erwerber ist, wer nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist, also die Verfügungsmacht erhalten soll. Ob diese Person auf eigene Rechnung tätig ist, spielt keine Rolle. Scheingeschäfte sind dagegen für die Bestimmung des Erwerbers unmaßgeblich. Zu den Nachweispflichten gehören zutreffende Angaben zum Erwerber wie Name, Anschrift und USt-IdNr. Erfüllt der Unternehmer die Nachweispflichten nicht vollständig, erweisen sich die Nachweise als unzutreffend, oder kann der Unternehmer Zweifel an der Richtigkeit der Angaben nicht ausräumen, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen. Dennoch ist die Lieferung steuerfrei, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind und der Verstoß gegen die Nachweispflichten nicht dazu dient, die Identität des Erwerbers zu verschleiern, um ihm im Bestimmungsstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen. Bei CMR-Frachtbriefen dürfen aus dem Fehlen der Empfängerbestätigung im Feld 24 und dem Fehlen der Unterschrift des Versenders keine negativen Folgerungen gezogen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, 17.2.2011, V R 28/10.