Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Beteiligt sich ein Unternehmer wissentlich an einem "strukturierten Verkaufsablauf", der darauf abzielt, die nach der Richtlinie 77/388/EWG geschuldete Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat durch Vortäuschen einer differenzbesteuerten Lieferung zu verdecken, ist die Lieferung nicht nach § 6a UStG steuerfrei.
Sachverhalt
Der klagende deutsche Autohändler DE verkaufte Pkws an die spanische Firma ES und diese an französische (End)Abnehmer. Der deutsche Autohändler DE kaufte die Pkw u.a. bei der französischen Firma FR ein, sobald der französische Endabnehmer des ES gefunden war. Einziger Geschäftsführer und Alleingesellschafter des deutschen Autohändlers DE und der niederländischen Kapitalgesellschaft NL war Herr SK. Die NL war zu 99 % an der französischen Firma FR beteiligt, die als "Vermittlerin" für ES auf dem französischen Markt tätig war. Dem SK waren nach den Feststellungen der Steuerfahndung die o.g. Zusammenhänge des An- und Verkaufs durch DE nachweislich bekannt. Die Abnehmerin ES versicherte dem deutschen Lieferer DE jeweils, dass die abgeholten Pkw nach Barcelona/Spanien verbracht und dort der Erwerbsbesteuerung unterworfen würden. Tatsächlich wendete ES auf den Verkauf an die französischen Abnehmer nur die Differenzbesteuerung an.
Der BFH versagte dem Steuerpflichtigen die Steuerfreiheit nach § 6a UStG aufgrund der vom Geschäftsführer der Steuerpflichtigen unterstützten Steuermanipulationen in Spanien durch den Abnehmer. Trotz Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 6a UStG (u.a. Gelangen eines Liefergegenstands in das übrige EU-Gebiet) ist die Lieferung steuerpflichtig, wenn der Lieferer die Identität des Erwerbers durch Vorlage von Scheinrechnungen oder die Übermittlung unrichtiger Angaben etc. verschleiert, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen (vgl. hierzu auch EuGH-Urteil v. 7.12.2010, C-285/09, R).
Hinweis
Es ist zu begrüßen, dass aufgrund der nun gefestigten Rechtsprechung (vgl. auch BFH, Urteil v. 11.8.2011, V R 50/09) bei Pkw-Lieferer, die sich an Steuermanipulationen ihrer EU-Abnehmer beteiligen, deren Lieferung "zur Strafe" umsatzsteuerpflichtig behandelt werden. Leider ist es für die Finanzverwaltung unverändert schwer, derartige grenzüberschreitende Manipulationen überhaupt nachzuweisen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 11.8.2011, V R 19/10.