Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Die Verpflichtung des Lieferers in § 6a Abs. 3 UStG zum Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV ist EG-konform. Jedoch sind die Nachweispflichten keine materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a, 17c UStDV bestimmen lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat (Änderung der Rechtsprechung). Kommt der Unternehmer diesen Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Steht jedoch aufgrund der objektiven Beweislage fest, dass die Voraussetzungen vorliegen, ist die Befreiung trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten des §§ 17a, 17c UStDV ausnahmsweise zu gewähren.
Sachverhalt
Im Urteilsfall verkaufte ein in Deutschland ansässiger Pkw-Händler vom Hersteller angekaufte Pkws an einen in Belgien ansässigen Händler. Wegen des Gebietsschutzes verkaufte er diese zur "Verschleierung" pro-forma an einen in Deutschland ansässigen Unternehmer (Strohmann), der umsatzsteuerfrei an den belgischen Händler "weiterberechnete". Das Finanzamt ging von Direktlieferungen des Pkw-Händlers an den belgischen Händler aus. Obwohl die Pkws unstrittig nach Belgien gelangten, versagte das Finanzamt die Befreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, weil der nach § 17c UStDV erforderliche Buchnachweis nicht im Lieferzeitpunkt erfolgte. Die später erfolgte Umbuchung auf das Konto "Innergemeinschaftliche Lieferung" wurde nicht anerkannt.
Nach dem EuGH-Urteil v. 27.9.2007, Rs. C-146/05, Collée, UR 2007 S. 813, muss bei innergemeinschaftlichen Lieferungen – im Gegensatz zur bisherigen BFH-Rechtsprechung – der Buchnachweis nicht zwingend laufend und unmittelbar nach Ausführung der Lieferung vorgenommen werden. Danach muss es dem Lieferer bei tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen erlaubt sein, auch einige Zeit nach der Lieferung noch Korrekturen in der Buchführung aufgrund von ihm nicht zu vertretenden Umständen anzubringen. Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt die Gewährung der Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung, wenn die materiellen Voraussetzungen dafür vorliegen.
Ein Verstoß gegen formelle Verpflichtungen kann nur entscheidend sein, wenn dadurch der sichere Nachweis verhindert würde, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen. Dass der Steuerpflichtige im Ausgangsfall zunächst bewusst das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung verschleierte, wäre nur zu berücksichtigen, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens besteht und diese vom Steuerpflichtigen nicht vollständig beseitigt worden ist. Im Urteilsfall lag jedoch eine solche Gefährdung nicht vor, da das Finanzamt dem Strohmann von vornherein die Vorsteuer aus den fingierten Lieferungen versagte und der Lieferer die zugrunde liegenden Rechnungen später inhaltlich als gegenstandslos erklärte.
Hinweis
Zwar kann die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht mehr allein wegen fehlendem Buchnachweis des § 17c UStDV versagt werden. Materiell nachzuweisen hat der Lieferer jedoch weiterhin, dass der Liefergegenstand tatsächlich in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt ist bzw. dass der Abnehmer Unternehmer ist; insoweit empfiehlt sich die qualifizierte Bestätigung der USt-IDNr. des Abnehmers beim BZSt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 6.12.2007, V R 59/03.