Leitsatz
- Eine Einrichtung, die in einem fischverarbeitenden Betrieb sowohl dem Verkauf im Betrieb verarbeiteter Produkte als auch nicht wesentlich veränderter Handelsware an private Haushalte dient, ist investitionszulagenbegünstigt, wenn der Einsatz für den Verkauf der verarbeiteten Produkte überwiegt.
- Von der Investitionszulage ausgeschlossener Einzelhandel im Fischerei- und Aquakultursektor ist die Beschaffung von Gütern durch Marktteilnehmer und deren Veräußerung ohne wesentliche Veränderung an private Haushalte.
Sachverhalt
Die Investorin veräußert Fische und Fischereierzeugnisse mit Hilfe eines Verkaufsmobils. Die bezogene Ware wird teils zu Räucher- und Bratfischen verarbeitet, teils lediglich gewaschen und portioniert. Das Finanzamt war der Auffassung, die Anschaffung des Verkaufsmobils sei nicht zulagenbegünstigt, da es für die Abgabe an den Endverbraucher eingesetzt werde. Dabei handele es sich um von der Begünstigung ausgenommenen Einzelhandel.
Entscheidung
Der Fischerei- und Aquakultursektor gehört nach Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Satz 3 InvZulG 1999 zu den Sensiblen Sektoren. Die Begünstigung richtet sich nach den in Nr. 6 der Anlage genannten Leitlinien der EU-Kommission. Diese verweisen auf eine EG-Verordnung, die wiederum auf einen Anhang III dazu verweist. Nach Nr. 2.4 dieses Anhangs sind Investitionen für die Verarbeitung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen begünstigt, nicht aber Investitionen für den Einzelhandel.
Da die Investorin überwiegend von ihr gekaufte Fische verarbeitet, ist sie als verarbeitender Betrieb grundsätzlich zulagenbegünstigt. Für die Frage, ob das Verkaufsmobil im von der Begünstigung ausgeschlossenen Einzelhandel eingesetzt wird, stellt der BFH – anders als das Finanzamt – nicht auf den gesamten Verkauf an Endverbraucher, sondern nur darauf ab, inwieweit es sich um Ware handelt, die vor der Veräußerung nicht wesentlich be- oder verarbeitet worden ist. Schädlicher Einzelhandel liegt nur vor, soweit unbearbeitete Ware an Endverbraucher veräußert wird. Keine schädliche Verwendung eines Wirtschaftsguts liegt dagegen vor, wenn Ware an Endverbraucher veräußert wird, die zuvor vom Veräußerer be- oder verarbeitet wurde. Der BFH hat daher das klageabweisende FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen, um festzustellen, ob das Verkaufsmobil überwiegend im unschädlichen Bereich der Vermarktung von der Investorin be- oder verarbeiteter Ware eingesetzt wurde.
Praxishinweis
Die Problematik betrifft in gleicher Weise die späteren Fassungen des InvZulG. Entscheidend ist, ob die "Bearbeitung" der Ware über "handelsübliche Manipulationen" wie Portionierung, Verpackung usw. hinausgeht. Im Übrigen stellt der BFH nicht – wie in anderen Fällen – eine Unschädlichkeitsgrenze von 10 % auf, sondern fordert lediglich einen über die Hälfte hinausgehenden Einsatz im begünstigten Bereich. Ein Einsatz im Einzelhandel ist damit unschädlich, solange er nicht 50 % erreicht.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 19.10.2006, III R 51/04