Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Ist der Begriff der "Unterschrift", der in dem Muster lt. Anhang A der Richtlinie 79/1072/EWG zur Stellung eines Antrags auf Vergütung der Umsatzsteuer gemäß Art. 3 Buchst. a dieser Richtlinie verwendet wird, ein einheitlich auszulegender gemeinschaftsrechtlicher Begriff?
- Falls die Frage zu 1. bejaht wird: Ist der Begriff der "Unterschrift" dahin zu verstehen, dass der Vergütungsantrag zwingend von dem Steuerpflichtigen persönlich oder bei einer juristischen Person von dem gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden muss, oder genügt die Unterschrift eines Bevollmächtigten (z.B. eines steuerlichen Vertreters oder Arbeitnehmers des Steuerpflichtigen)?
Problematik
Eine in den Niederlanden ansässige Gesellschaft (BV) beantragte 2006 eine Vergütung von Vorsteuerbeträgen auf dem dafür in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehenen amtlichen Vordruck (Vorsteuervergütung). Dieser Vordruck sieht in Feld 9 die "Eigenhändige Unterschrift und Firmenstempel" vor.
In einem Begleitschreiben wiesen die in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Rechtsanwälte der BV, die in dem Vordruck auch als Zustellungsvertreter benannt sind, darauf hin, dass der Vergütungsantrag von ihnen im Auftrag der Mandantin unterzeichnet worden sei. Dem Schreiben war eine entsprechende von dem Vertretungsberechtigten der BV ausgestellte "Vollmacht für das Vorsteuervergütungsverfahren" beigefügt.
Das Bundeszentralamt für Steuern – BZSt – lehnte den Antrag ab, weil er entgegen § 18 Abs. 9 UStG des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) nicht eigenhändig unterschrieben sei. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH
Nach § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG ist der – gem § 61 Abs. 1 UStDV nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugebende – Vergütungsantrag "vom Unternehmer eigenhändig zu unterschreiben".
Die Voraussetzungen nach § 150 Abs. 3 AO, nach denen die eigenhändige Unterschrift unter eine Steuererklärung durch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten ersetzt werden darf, lagen nicht vor ("wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist"). Damit lag nach nationalem Recht kein wirksamer Antrag auf Vergütung der Vorsteuerbeträge vor. Der BFH hatte aber Zweifel, ob diese nationale Rechtslage im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht steht.
Die Vorsteuererstattung für in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmer ist in der 8. EG-Richtlinie (79/1072/EWG) geregelt. Nach deren Art. 3 Buchst. a ist ein Antrag nach dem in Anhang A aufgeführten Muster zu stellen. In der deutschen Fassung sieht das Muster eine "Unterschrift" vor, aber ohne den Zusatz der "Eigenhändigkeit". Auf diesem Unterschied zum deutschen Recht beruhen die beiden Fragen (s. Leitsätze) an den EuGH.
Konsequenzen für die Praxis
Von der Handhabung dieser Formalie kann viel Geld abhängen. Das Verfahren zeichnete sich bereits in dem kurz zuvor ergangenen BFH-Urteil v. 14.5.2008 ab, in dem das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und das FG das formale Kriterium der "eigenhändigen" Unterschrift als maßgebend beurteilt und dazu ausgeführt hatten, die Bundesrepublik habe in Bezug auf die Eigenhändigkeit zumindest eine "Durchführungsautonomie".
Der BFH verweist m.E. in der Vorlage zutreffend darauf, dass das gemeinschaftlich vorgegebene Antragsmuster möglichst auch einheitlich angewandt werden soll. Die Anwendungsklarheit wurde wohl auch nicht dadurch gefördert, dass die jetzige Fassung des § 18 Abs. 9 UStG erst 1996 eingeführt und zuvor die Eigenhändigkeit der Unterschrift nicht zwingend verlangt wurde.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss v. 13.8.2008, XI R 19/08, BFH/NV 2008 S. 1969