Leitsatz (amtlich)
Führt der Steuerpflichtige seinen Betrieb ohne Aufgabeerklärung durch Verpachtung im Ganzen fort, so kann er für nach der Verpachtung angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens keine Sonderabschreibung nach § 7g EStG in Anspruch nehmen.
Sachverhalt
Der Kläger hat seit 1.4.1985 seine als Einzelunternehmen betriebene Bauunternehmung im Ganzen an die H-GmbH verpachtet, ohne die Betriebsaufgabe zu erklären. Am Stammkapital der H-GmbH von 100000 DM waren in den Streitjahren 1990 und 1991 der Kläger und die Klägerin (Ehefrau) mit je 47500 DM und H mit 5 000 DM beteiligt. Für einen Teil der verpachteten Wirtschaftsgüter machte der Kläger in den Streitjahren Sonderabschreibungen gemäß § 7g EStG geltend. Das Finanzamt lehnte den Ansatz der Sonderabschreibungen ab. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Die Voraussetzungen des § 7g EStG sind im Streitfall nicht erfüllt. Zwar können Wirtschaftsgüter, die der Verpächter eines Betriebs zeitlich nach der Verpachtung angeschafft hat, Betriebsvermögen des vermieteten Gewerbebetriebs sein. Sie gehören aber nicht zu einem dem Kläger selbst zuzurechnenden werbenden Betrieb, den § 7g EStG voraussetzt. Die von § 7g EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale "Betrieb" und "Betriebsstätte" verlangen eine aktive Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und eine in diesem Sinne werbende Tätigkeit. Danach ist die Verbleibensvoraussetzung nur erfüllt, wenn der Investor das angeschaffte Wirtschaftsgut tatsächlich selbst eigenbetrieblich nutzt, indem er unter Einsatz dieses Betriebsvermögens als Händler, Produzent oder Dienstleistender tätig wird. Wenn § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG voraussetzt, dass das Wirtschaftsgut mindestens ein Jahr lang "in einer … Betriebsstätte dieses Betriebs" verbleibt, so wird hierdurch der den Anforderungen des vorangegangenen § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG entsprechende Betrieb des Steuerpflichtigen selbst als Tatbestandsmerkmal in Bezug genommen.
Diese Auslegung folgt aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Mit ihr will der Gesetzgeber Investitionen und insbesondere Existenzgründungen fördern. Die Wettbewerbssituation der geförderten Betriebe soll verbessert, ihre Liquidität und Eigenkapitalbildung unterstützt und ihre Investitions- und Innovationskraft gestärkt werden. Dieser Gesetzeszweck, der demjenigen des Zulagenrechts entspricht, rechtfertigt es, die bloße Vermietungstätigkeit, die sich auf eine bloße Überlassung eines Betriebs zur Nutzung ohne eigene Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr beschränkt, nicht in den Anwendungsbereich des § 7g EStG einzube-ziehen. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zu investitionszulagenrechtlichen Bestimmungen, die ebenso wie § 7g Abs. 2 EStG erfordern, dass ein Wirtschaftsgut für eine bestimmte Zeit "im Betrieb" oder "in der Betriebsstätte des Steuerpflichtigen verbleibt".
Der Rechtsauffassung des Senats steht nicht die Verwaltungsauffassung entgegen, nach der "die Veräußerung, Vermietung oder Verpachtung im Rahmen einer entgeltlichen Übertragung, der Vermietung oder der Verpachtung des begünstigten Betriebs unschädlich ist, solange der begünstigte Betrieb in der Hand des Er-werbers, Mieters oder Pächters bestehen bleibt". Dabei kann der Senat offen lassen, ob diese Regelung mit § 7g Abs. 2 Nr. 2 EStG vereinbar ist. Denn sie betrifft allein den Fall einer Betriebsübertragung, -vermietung oder -verpachtung nach Anschaffung oder Herstellung der geförderten Wirtschaftsgüter, nicht aber Fälle, in denen die Wirtschaftsgüter wie hier erst im Anschluss an die Betriebsverpachtung und damit nicht mehr für einen werbenden Betrieb angeschafft oder hergestellt werden.
Link zur Entscheidung
BFH vom 27.9.2001 – X R 4/99