Leitsatz

Werden festverzinsliche Wertpapiere vererbt, sind die bis zum Todestag angefallenen noch nicht fälligen Zinsen als Forderung anzusetzen. Dennoch kann der Erbe seine auf diese Zinsen entfallende Einkommensteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen.

 

Sachverhalt

E hat von seinem 2001 verstorbenen Bruder festverzinsliche Wertpapiere geerbt. Bis zum Todestag entfielen darauf Stückzinsen in Höhe von 95000 EUR. Für diese Zinsen hatte E in 2002 anteilig 49798,30 EUR Einkommensteuer zu zahlen. Das Finanzamt erfasste den zeitanteiligen Zinsanspruch bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer, versagte dazu aber den Abzug der latenten Steuerschuld als Nachlassverbindlichkeit. E sah darin eine doppelte Belastung der Zinsen mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer. Einspruch und Klage blieben jedoch erfolglos.

Und auch der BFH ging von keiner verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung bei der Erbschaftsteuer aus. Vielmehr ist durch das erbschaftsteuerliche Stichtagsprinzip ein Abzug einer künftigen Einkommensteuerschuld des Erben ausgeschlossen. Diese war beim Tod des Erblassers noch nicht absehbar und ist auch von der Höhe des anderweitigen Einkommens des Erben und seiner Besteuerungsdaten abhängig. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG nicht vor. Erfolgreicher wäre wohl ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid gewesen. Denn damit hat sich die tatsächliche Gesamtbelastung aus Erbschaftsteuer und Einkommensteuer konkretisiert. Dies hätte möglicherweise eine niedrige Einkommensteuer gerechtfertigt um eine unzulässige Übermaßbesteuerung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG zu vermeiden.

Eine doppelte Belastung wurde bis 1998 durch § 35 EStG a.F. vermieden. Und ab 2009 ist eine vergleichbare Regelung in § 35b EStG wieder eingeführt worden, welche eine Anrechnungsregelung auf die Einkommensteuer vorsieht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 17.2.2010, II R 23/09.

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