Leitsatz

Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 1996 sind nur noch Unterhaltsaufwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Unterstützt der Steuerpflichtige Angehörige, die nicht mit ihm zusammen in einem Haushalt leben und denen gegenüber er zivilrechtlich nicht zum Unterhalt verpflichtet ist, kann er die Unterhaltszahlungen auch dann nicht nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 1996 als außergewöhnliche Belastung abziehen, wenn der Anspruch der Angehörigen auf Sozialhilfe wegen dieser Unterhaltsleistungen gemäß § 2 BSHG entfällt oder gemindert wird.

 

Sachverhalt

Die Klägerin machte den Abzug von Unterhaltsleistungen an ihre Schwester in Höhe von 18 000 DM nach § 33a EStG 1996 geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug, weil die Schwester gegenüber der Klägerin nicht gesetzlich unterhaltsberechtigt sei. Im Einspruchsverfahren argumentierte die Klägerin, die Unterhaltsleistungen seien nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 abziehbar, weil dem gesetzlich Unterhaltsberechtigten eine Person gleichgestellt sei, soweit bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen gekürzt würden. Dies sei ausweislich eines Bescheids des Sozialamts bei ihrer Schwester für 1998 der Fall. Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Unterhaltszahlungen nach § 33 EStG 1996 zu berücksichtigen. Da die Schwester für 1996 keine Sozialhilfe beantragen wollte, habe sich die Klägerin aus tatsächlichen und sittlichen Gründen zur Unterstützung verpflichtet gefühlt. Das FG wies die Klage ab, weil die Schwester keinen Antrag auf Sozialhilfe gestellt habe und somit keine öffentlichen Mittel gekürzt oder versagt worden seien. Die Revision blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

1. Ein Abzug gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG 1996 kommt mangels gesetzlichem Anspruch der Schwester auf Unterhalt nicht in Betracht, denn nach § 1601 BGB sind nur Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet.

2. Die Unterhaltsleistungen sind auch nicht nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 zu berücksichtigen. Danach ist der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt "eine Person, soweit bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden". Nach § 2 Abs. 1 BSHG erhält keine Sozialhilfe, wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen bekommt. Freiwillige Unterhaltszahlungen mindern daher grundsätzlich den Anspruch der unterstützten Person auf Sozialhilfe oder lassen ihn entfallen. Vom möglichen Wortsinn des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 wäre auch eine Auslegung gedeckt, dass freiwillige Unterhaltsleistungen eines Angehörigen, die nach § 2 Abs. 1 BSHG zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs auf Sozialhilfe führen, abziehbar sind. § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 ist jedoch einschränkend auszulegen. Unterhaltsleistungen sind deshalb steuerlich nur dann zu berücksichtigen, wenn der Unterhalt Leistende sich in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich zum Unterhalt Verpflichtete befindet. Eine derartige Zwangslage ist jedoch nur in Fällen anzunehmen, in denen gesetzlich unwiderlegbar vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person – z.B. den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder einen in der Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten – sichergestellt ist und deshalb zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel gekürzt werden.

Mit der Regelung, nur gesetzlich geschuldete Unterhaltsleistungen steuerlich zu berücksichtigen, hat der Gesetzgeber bewusst den Abzug von Unterhaltsleistungen, die aus sittlich oder tatsächlich zwangsläufigen Gründen erbracht werden, vom Abzug ausgeschlossen. Sinn und Zweck des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 lassen auch keine Auslegung dahin gehend zu, dass zumindest Unterhaltsleistungen aufgrund sittlicher Verpflichtung zu berücksichtigen sind, wenn dadurch der Anspruch auf Sozialhilfe entfällt oder gemindert wird. Denn Unterhaltszahlungen aufgrund sittlicher Verpflichtung sind wegen der häufig schwierigen Prüfung, ob eine sittliche Verpflichtung besteht, gerade vom Abzug ausgeschlossen worden. Der damit bezweckten Vereinfachung würde es zuwiderlaufen, wenn im Rahmen des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 die sittliche Verpflichtung trotz Wegfalls dieses Merkmals zu berücksichtigen wäre.

3. Selbst bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung könnten die Aufwendungen auch nicht nach § 33 EStG berücksichtigt werden. Für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen enthält § 33a EStG 1996 eine abschließende Regelung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.10.2002, III R 57/99

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