Leitsatz

Die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands "bebautes Grundstück" setzt voraus, dass entweder der Veräußerer selbst oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter dem Erwerber gegenüber verpflichtet ist, den tatsächlichen Grundstückszustand zu verändern, d.h. das Grundstück zukünftig in einen bebauten Zustand zu versetzen. Beim Erwerb eines Hausbausatzes vom Grundstücksverkäufer kann deshalb nur dann das mit dem Bausatzhaus bebaute Grundstück einheitlicher Erwerbsgegenstand sein, wenn der Grundstücksveräußerer auch zur Aufstellung und Montage der Bausatzteile auf dem Grundstück verpflichtet ist.

 

Sachverhalt

Die Eheleute E erwarben von der F-GmbH ein Baugrundstück und verpflichteten sich, darauf ein Fertigteilhaus der F-GmbH zu errichten. Nach dem gesondert abgeschlossenen Hausbausatz-Lieferungsvertrag war die F-GmbH verpflichtet, die Baugenehmigungsunterlagen nebst Statik und Ausführungsplänen anzufertigen, Montagepläne und eine Aufbauanleitung zu übergeben sowie den Holzteilebausatz an der Baustelle anzuliefern. Ferner hatte die F-GmbH für 32 Stunden einen "Richtmeister" für die fachliche Anleitung der E zu stellen. Die Entladung der LKW wie auch die Montage des Bausatzhauses waren Aufgaben der E.

 

Entscheidung

Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist. Bei einer Mehrheit von Verträgen ist ein Grundstück in bebautem Zustand Erwerbsgegenstand, wenn zwischen ihnen ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise ein bebautes Grundstück erhält[1].

Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags tatsächlich unbebaut, kann es der Erwerber nur dann von der Veräußererseite als "bebaut" erhalten, wenn entweder der Veräußerer selbst oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter dem Erwerber gegenüber verpflichtet ist, den tatsächlichen Grundstückszustand zu verändern, d.h. das Grundstück zu bebauen. Ist die Veräußererseite jedoch nicht zu einer Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet, ist die vom Erwerber geschuldete Vergütung aus Verträgen, die die Veräußererseite lediglich zu Dienstleistungen, zur Lieferung beweglicher Gegenstände (z.B. Baumaterialien) oder zur Bereitstellung von Planungsunterlagen verpflichten, nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung für den Erwerb des (bebauten) Grundstücks hinzuzurechnen.

Gegenstand des Erwerbs der E war das unbebaute Grundstück. Die F-GmbH war nicht zu Bauleistungen auf dem Grundstück verpflichtet. Der Kaufpreis für das Bausatzhaus ist deshalb nicht Teil der grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung.

 

Praxishinweis

Beim Erwerb eines Hausbausatzes vom Grundstücksverkäufer kann danach nur dann das mit dem Bausatzhaus bebaute Grundstück einheitlicher Erwerbsgegenstand sein, wenn der Grundstücksverkäufer auch zur Aufstellung und Montage der Bausatzteile auf dem Grundstück verpflichtet ist. Bedient sich der "Bauherr" bei der Errichtung des Bausatzhauses weiterer Unternehmen, die ihrerseits mit dem Bausatzlieferanten gesellschaftsrechtlich oder durch Absprachen verbunden sind, kann dies zu einer anderen Beurteilung führen, wenn sich die Einschaltung dieser Unternehmen als Teil eines von der Veräußererseite entwickelten Gesamtkonzepts darstellt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.10.2004, II R 12/03

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