Leitsatz

Die Ausstrahlung eines Fernsehprogramms ist keine Filmvorführung i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG 1980 (Bestätigung von Abschn. 167 Abs. 2 Satz 2 UStR 1996/2005).

 

Sachverhalt

Eine KG, die auf dem deutschen Markt "Pay-TV" anbietet, erstellt von Filmkopien oder Magnetbändern ein Fernsehprogramm und strahlt es über Satelliten, Kabelnetze und sonstige technische Einrichtungen verschlüsselt aus. Zwischen der KG und den Empfängern wird ein Abonnementvertrag mit monatlichem Pauschalentgelt abgeschlossen. Die KG unterwarf die Umsätze für das Streitjahr 1990 dem allgemeinen Steuersatz, beantragte später aber die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG 1980. Nach erfolglosem Vor- und FG-Verfahren legte die KG Revision ein und machte u.a. geltend, in Konkurrenz mit Kinobetreibern zu stehen.

 

Entscheidung

Die Revision hatte keinen Erfolg. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG 1980 greift nicht ein, weil die KG keine Filme vorführt. Fernsehsendungen sind keine Filmvorführung i.S. des urheberrechtlich abzugrenzenden Begriffs.

Eine analoge Anwendung der Steuerermäßigung scheidet ebenfalls aus. Zwar hatte der Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1967 eine eigene Steuerermäßigung für Fernsehsendungen vorgesehen und diese als nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG 1980 fallend angesehen. Diese Steuerermäßigung wurde aber bewusst nicht in das UStG 1980 übernommen, weil der Gesetzgeber sie für gegenstandslos gehalten hat. Ihre Abschaffung führte deshalb zu keiner planwidrigen Lücke. Das Auftreten des Pay-TV im Streitjahr hat nicht zu einem späteren Entstehen einer solchen Lücke geführt. Entgegen der gesetzgeberischen Entscheidung in § 12 Abs. 1 UStG 1980 darf der BFH eine Steuerermäßigung nicht im Wege der Analogie einführen.

Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt kein Anspruch auf Gleichstellung des Bezahlfernsehens mit

  • Filmvorführungen aufgrund der Verschiedenartigkeit der Leistungen; diese zeigen sich in zeitlicher Hinsicht darin, dass die Fernsehausstrahlung von Filmen erst nach dem "Kinodurchlauf" erfolgt;
  • Leistungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, da es sich um unterschiedliche Leistungen handelt. Der Gesetzgeber hat die Veranstaltung von Programmen, die über den Markt nicht oder nicht in wünschenswerter Qualität zustande kommen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auferlegt und muss dafür seine Finanzierung sicherstellen.

Der Grundsatz der Neutralität gebietet somit nicht deswegen eine Steuerermäßigung für Fernsehsendungen, weil Filmvorführungen ermäßigt besteuert werden. Insoweit handelt es sich nicht um gleichartige Leistungen, die gleich besteuert werden müssten.

Gemeinschaftsrechtlich ergibt sich nichts Abweichendes. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH ist nicht erforderlich.

 

Praxishinweis

Der Fall betrifft in erster Linie "ausgelaufenes" Recht, soweit die KG eine analoge Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1967 für das UStG 1980 geltend machte. Dagegen gelten die urheberrechtsorientierten Abgrenzungen von Fernsehsendung und Filmvorführung auch weiterhin für § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG jetziger Fassung.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 26.1.2006, V R 70/03

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