Leitsatz
Gliedert das klagende Unternehmen während des Klageverfahrens einen Unternehmensbereich auf einen anderen Rechtsträger aus, so ist der übernehmende Rechtsträger nicht Gesamtrechtsnachfolger des übertragenden Rechtsträgers, so dass kein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eintritt (Anschluss an BFH-Urteil vom 7.8.2002, I R 99/00, BStBl II 2003, S.835).
Sachverhalt
Die X-AG, ein Energieversorger, beantragte für 1996 eine Investitionszulage u.a. für den Unternehmensbereich Stromerzeugung. Das Finanzamt gewährte die Investitionszulage nur teilweise. Der Einspruch blieb erfolglos. Während des anschließenden Klageverfahrens gliederte die X-AG den Unternehmensbereich Stromerzeugung nach §123 Abs.3 Nr.1 UmwG auf eine KG, die Klägerin, aus. Nach dem Vertrag sollte die KG alle öffentlich-rechtlichen Verfahren und Prozessverhältnisse sowie die entsprechenden Rechte und Pflichten aus dem Steuerschuldverhältnis übernehmen. Die X-AG und die KG trugen übereinstimmend vor, aufgrund "partieller Gesamtrechtsnachfolge" sei ein Beteiligtenwechsel eingetreten. Mit Zustimmung des Finanzamts sei eine Klageänderung zulässig, sodass der Prozess von der KG fortgeführt werden könne. Das FG ging davon aus, die subjektive Klageänderung sei sachdienlich. Es wies die Klage als unbegründet ab, da es sich um nicht begünstigte Investitionen in Betriebsstätten der Elektrizitätsversorgung handele.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil aus formalen Gründen auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Voraussetzungen für eine subjektive Klageänderung, d.h. eine Auswechselung auf der Klägerseite, liegen bei der Ausgliederung eines Unternehmensbereichs nach dem UmwG nicht vor. Die Ausgliederung wird zwar als "partielle Gesamtrechtsnachfolge" bezeichnet. Gleichwohl handelt es sich nicht um den Übergang des gesamten Vermögens eines untergegangenen Rechtsträgers, sondern lediglich um eine besondere Übertragungsart, die es gestattet, statt der Einzelübertragung verschiedener Vermögensgegenstände eine allein durch den Parteiwillen zusammengefasste Summe von Vermögensgegenständen einschließlich der Verbindlichkeiten in einem Akt zu übertragen. Diese Übertragungsmöglichkeit hat prozessual keine anderen Folgen als eine Einzelübertragung. Der übertragende, aber fortbestehende Rechtsträger bleibt deshalb Steuerschuldner und Beteiligter eines anhängigen Aktivprozesses. Ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel liegt nicht vor. Das gilt auch bei einem Streit um Investitionszulage.
Auch die Voraussetzungen für einen gewillkürten Beteiligtenwechsel sind nicht gegeben. Dieser ist zum einen deshalb nicht sachdienlich, weil sich die angefochtenen Bescheide gegen die X-AG und nicht gegen KG richteten. Zum anderen ist ein gewillkürter Beteiligtenwechsel bei fristgebundenen Klagen nur dann sachdienlich, wenn die geänderte Klage zulässig wäre. Im Streitfall war jedoch die Frist für eine Klage der KG abgelaufen. Auch die Abtretung des Zulagenanspruchs durch die X-AG an die KG begründet nicht die Zulässigkeit der Klage. Denn der Abtretungsempfänger tritt nur insoweit an die Stelle des bisherigen Gläubigers, als dessen Rechtsposition übertragbar ist, also nur hinsichtlich des reinen Zahlungsanspruchs. Er ist jedoch am Festsetzungsverfahren nicht beteiligt und kann gegen einen Bescheid weder Einspruch einlegen noch klagen. Die prozessuale Stellung des Abtretenden geht nicht auf ihn über.
Praxishinweis
Da der bisherige Rechtsträger bei einer Ausgliederung bestehen und mangels Gesamtrechtsnachfolge nach wie vor Beteiligter des Steuerschuldverhältnisses sowie Kläger eines eingeleiteten Klageverfahrens bleibt, ist die Vereinbarung, anhängige Rechtsbehelfs-, Klage- und Rechtsmittelverfahren sollen auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, verfahrensrechtlich ohne Wirkung. Die Verfahren müssen von dem bisherigen Rechtsträger zu Ende geführt werden. Es empfiehlt sich daher eine Vereinbarung zwischen dem Übertragenden und dem Übernehmenden, wer das Prozessrisiko trägt und welche Prozessbevollmächtigten den Prozess weiter führen sollen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 23.3.2005, III R 20/03