Leitsatz
Ausländer, die sich im Rahmen einer ausländerrechtlichen Duldung im Inland aufhalten, haben keinen Anspruch auf Kindergeld.
Sachverhalt
Der Kläger und seine Familie, Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzogovina, leben seit Juni 1992 im Inland. Ausländerrechtlich waren sie zunächst nur geduldet. Ab August 1999 besitzt der Kläger eine Aufenthaltserlaubnis i.S. von § 15 AuslG 1990 und erhält seitdem für seine drei 1981 bis 1992 geborenen Söhne Kindergeld. Der Kläger war von Juli bis Oktober 1992 nichtselbständig tätig und betreibt seit Mai 1995 im Rahmen einer GbR einen Imbisswagen. Seinen Antrag, ihm rückwirkend Kindergeld von Juni 1992 bis Juli 1998 zu gewähren, lehnte die Familienkasse ab. Die hiergegen erhobene Klage, mit der Kindergeld nur noch von Juli 1997 bis Juli 1999 geltend gemacht wurde, wies das FG ab. Auch die Revision hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Ursprünglich hing der Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG von der Art des Aufenthaltstitels ab. Nachdem das BVerfG dies zum wortgleichen § 1 Abs. 3 BKGG beanstandet hatte, wurde § 62 Abs. 2 EStG mit Wirkung vom 1.1.2006 – für noch nicht bestandskräftig festgesetzte Fälle rückwirkend – neu gefasst. Danach werden die Aufenthaltsgenehmigungen nach dem AuslG für die Vergangenheit den Aufenthaltstiteln nach dem AufenthG entsprechend der Fortgeltungsregelung in § 101 AufenthG gleichgestellt. Ein Aufenthalt aufgrund einer Duldung berechtigt aber auch nach neuem Recht nicht zum Bezug von Kindergeld, selbst wenn der betreffende Elternteil erwerbstätig ist. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die gebotene Gleichbehandlung unterschiedlicher Aufenthaltstitel hindert nicht, nur geduldete Ausländer vom Kindergeld auszuschließen, da nur bei einem aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßigen dauerhaften Aufenthalt auch eine langfristige Integration der Familien im Inland beabsichtigt ist.
Dem Kläger stand ein Kindergeldanspruch auch nicht nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen zu, weil er nicht als Arbeitnehmer tätig war. Die unterschiedliche Behandlung von selbständig und nichtselbständig tätigen Personen ist nach dem im Völkerrecht geltenden Prinzip der Gegenseitigkeit gerechtfertigt, da nach jugoslawischem Recht nur Arbeitnehmer Anspruch auf Kindergeld hatten. Schließlich ergibt sich auch kein Kindergeldanspruch nach Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, weil dort vorgesehene Voraussetzungen – Ersetzung eines Arbeitsverhältnisses durch bestimmte Sozialleistungen – nicht vorlagen.
Praxishinweis
Für Altfälle gilt eine vor 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis als Niederlassungserlaubnis fort. Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen – Aufenthaltsbewilligung nach den §§ 28, 29 AuslG 1990 oder Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG 1990 – gelten entsprechend ihrem Erteilungszweck als Aufenthaltserlaubnis fort.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 15.3.2007, III R 93/03