Leitsatz

Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache kann ein weiterer Vorläufigkeitsvermerk in den Bescheid, den das Finanzamt seiner vor dem Finanzgericht gegebenen Zusage entsprechend erlässt, nicht mehr aufgenommen werden.

 

Sachverhalt

Zwei zusammenveranlagte Eheleute erhoben Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997. Im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem FG sagte die Vertreterin des Finanzamts zu, den Klagen in beiden Streitpunkten (Werbungskosten für ein Arbeitszimmer; Berücksichtigung eines Ehegatten-Darlehens) weitgehend abzuhelfen. Die Eheleute und das Finanzamt erklärten daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Gegen die entsprechend der Zusage geänderten Bescheide legten die Eheleute erneut Einspruch ein mit dem Begehren, die Steuerfestsetzung hinsichtlich der lediglich begrenzten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für vorläufig zu erklären. Nach Zurückweisung des Einspruchs durch das Finanzamt gab das FG der Klage statt. Der BFH hob auf die Revision des Finanzamts das Urteil auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH haben die Eheleute keinen Anspruch darauf, dass die nach der Hauptsacherledigung ergangenen Bescheide um einen Vorläufigkeitsvermerk ergänzt werden. Denn durch die übereinstimmenden Erklärungen der Prozessbeteiligten wurden die Steuerfestsetzungen unanfechtbar und die Prozesslage abschließend gestaltet.

Allerdings lässt es der BFH ausdrücklich offen, ob die Änderung nach Hauptsacherledigung als Steuerbescheid wiederum anfechtbar ist oder nicht. Selbst wenn man das bejaht, verbietet hier § 351 Abs. 1 AO die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks. Danach können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht. Die erstmalige Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks in einen die Steuer herabsetzenden Änderungsbescheid würde diesen Änderungsrahmen sprengen. Auch aus § 173 AO oder § 175 AO lässt sich der Änderungsanspruch nicht herleiten, da weder Tatsachen nachträglich bekannt geworden sind, noch ein rückwirkendes Ereignis eingetreten war.

 

Praxishinweis

Erklären die Beteiligten einen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, weil sich das Finanzamt zum Erlass eines Änderungsbescheids verpflichtet hat, so ist das Finanzamt nach Treu und Glauben an diese Zusage gebunden. Es muss den Änderungsbescheid mit dem Inhalt, auf den sich die Beteiligten vor dem FG geeinigt haben, erlassen. Die Erledigungserklärung der Kläger wird man zwar nicht als konkludenten Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den zu erlassenden Änderungsbescheid ansehen können. Jedoch dürfte nach dieser Entscheidung klar sein, dass eine Anfechtung mit einem neuen weitergehenden Begehren nicht möglich ist. In einem erneuten Einspruchsverfahren könnte allenfalls geltend gemacht werden, dass das Finanzamt in den Änderungsbescheiden den Inhalt der Einigung nicht richtig oder nicht vollständig umgesetzt habe. Diese Fallkonstellation lag hier allerdings nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.05.2003, XI R 21/02

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