Leitsatz
- Ändert sich nach Vorlage eines Vermögensverzeichnisses die Vermögenslage des Vollstreckungsschuldners oder erkennt dieser die Unrichtigkeit der von ihm gemachten Angaben, ist er vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Ergänzung bzw. Richtigstellung seiner Angaben verpflichtet.
- Ergänzt oder berichtigt der Vollstreckungsschuldner vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das der Finanzbehörde bereits vorgelegte Vermögensverzeichnis, wird allein dadurch kein neues Verfahren in Gang gesetzt. Die Finanzbehörde hat hinsichtlich der Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eine erneute Ermessensentscheidung nur dann zu treffen, wenn der Vollstreckungsschuldner substantiiert besondere Gründe darlegt, die eine Abstandnahme von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung geboten erscheinen lassen.
Sachverhalt
Das Finanzamt hatte einen Steuerschuldner zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses aufgefordert. Dem wurde entsprochen. 14 Monate später legte der Schuldner im Termin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ein neues, ergänztes Vermögensverzeichnis vor. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigerte er jedoch. Im darauf folgenden Klageverfahren legte er ein erneut ergänztes Vermögensverzeichnis vor. Dies führte dazu, dass das FG die angegriffene Entscheidung des Finanzamts, von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nicht abzusehen, als erledigt ansah und meinte, das Finanzamt müsse eine erneute Ermessensentscheidung hierüber treffen.
Entscheidung
Die Hauptsache ist nicht erledigt; es ist vielmehr über die Rechtmäßigkeit der Aufforderung des Finanzamts zu entscheiden. Deshalb ging die Sache zurück an das FG. Denn eine Ergänzung des Vermögensverzeichnisses setzt kein neues Vollstreckungsverfahren in Gang, sondern stellt lediglich eine Fortsetzung des bereits eingeleiteten Verfahrens dar. Eine neue Ermessensentscheidung des Finanzamts über das Absehen von der eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit des Verzeichnisses ist daher nicht etwa immer dann erforderlich, wenn das Verzeichnis ergänzt wird. Anders verhält es sich nur dann, wenn der Schuldner Gründe darlegt, die nunmehr eine Abstandnahme von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gebieten.
Praxishinweis
Unter den Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AO hat der Vollstreckungsschuldner der Behörde auf Verlangen ein Verzeichnis seines Vermögens vorzulegen und für seine Forderungen den Grund und die Beweismittel zu bezeichnen; er hat die im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu bestätigen. Da-von kann die Vollstreckungsbehörde allerdings absehen. Der Schuldner bleibt bei Änderungen seiner Vermögenslage oder bei Erkenntnis unrichtiger Angaben zur Ergänzung oder Berichtigung des Vermögensverzeichnisses verpflichtet.
Grundsätzlich sind für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend. Bei veränderter Sachlage muss der Betroffene gegebenenfalls ein neues Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen und gemäß § 131 Abs. 1 AO die Aufhebung des Verwaltungsakts beantragen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 26.7.2005, VII R 57/04