Leitsatz (amtlich)

Werden anlässlich einer auf die Lebenszeit einer Bezugsperson zeitlich gestreckten entgeltlichen privaten Vermögensumschichtung gleichbleibende wiederkehrende Leistungen (Leibrente) vereinbart, ist deren Ertragsanteil (Zinsanteil) nicht als Sonderausgaben abziehbar (Bestätigung des Senatsurteils vom 25.11.1992, X R 91/89, BStBl II 1996, S. 666 = INF 1993, S. 260; seither ständige Rechtsprechung).

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb durch notariellen Vertrag vom 26.7.1989 ein bebautes Grundstück. Als Gegenleistung verpflichtete er sich zu einer Barzahlung von 440 000 DM sowie zur Zahlung einer Leibrente von monatlich 1500 DM. Das erworbene Grundstück ist mit zwei Gebäuden bebaut, in denen sich mehrere Wohnungen befinden. Seit 1.10.1989 nutzte der Kläger eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, während die übrigen Wohnungen vermietet wurden. Ab dem Jahr 1992 wurde die Selbstnutzung auf eine Anliegerwohnung erweitert. Nach den Wohnflächen entfällt auf die eigengenutzten Wohnungen ein Anteil von 46,89 % bzw. ab 1992 von 61,01 %. In den ESt-Bescheiden für 1990 bis 1993 lehnte es das Finanzamt ab, den Ertragsanteil der Leibrente als Sonderausgabe zu berücksichtigen. Das FG wies die hiergegen erhobenen Klagen ab[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Nach der Rechtsprechung des Senats sind private Schuldzinsen auch dann nicht als Sonderausgabe abziehbar, wenn sie als in Gegenleistungs-Leibrenten enthaltene Ertragsanteile gesetzlich pauschaliert sind[2]. Bei der Besteuerung wiederkehrender Leistungen ist zu unterscheiden zwischen dem Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (private Versorgungsrenten) und - im Streitfall einschlägig - Leistungen im Austauschmit einer Gegenleistung (Gegenleistungsrenten). Beide steuerrechtlichen Tatbestände haben jeweils unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Last ist die private Versorgungsrente[3]. Durch ihre Charakterisierung als vorbehaltene Vermögenserträge unterscheiden sich Versorgungsleistungen von Unterhaltsleistungen i.S. von § 12 Nr. 1 EStG; sie enthalten deshalb auch keine Zuwendungen des Vermögensübernehmers aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i.S. von § 12 Nr. 2 EStG. Der Vorbehalt der Erträge stellt sich dar als ein "Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit". Dieser wird in der Weise rechtstechnisch verwirklicht, dass die Aufwendungen beim Übernehmer abziehbar und die entsprechenden Zuflüsse beim Übergeber steuerbar sind[4]. Gegenleistungsrenten sind über die gesamte Laufzeit hinweg immer dann in einen Zins- und einen Tilgungsanteil zu zerlegen, wenn die einzelnen Zahlungen sich wirtschaftlich als eine Vermögensumschichtung oder Kapitalrückzahlung (als ein "kauf- oder darlehensähnliches Geschäft") darstellen und wenn der Verpflichtete aufgrund der in der langfristigen Streckung der Zahlungen liegenden Kreditierung ein Entgelt für die Überlassung von Kapital zur Nutzung zu entrichten hat. Sind abänderbare wiederkehrende Leistungen geschuldet, ist offenkundig, dass deren Zinsanteile nicht die Steuerbemessungsgrundlage mindern, sofern sie nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind. Auch der Ertragsanteil der definitionsgemäß gleichbleibenden Leibrente ist materiell-rechtlich ein pauschalierter Zinsanteil. Das Gesetz bezweckt mit der Berücksichtigung nur des Ertragswertes die Sonderung des steuerbaren Ertragsanteils (= Zinsanteils) von der nichtsteuerbaren Vermögensumschichtung. Das Tatbestandsmerkmal "Leibrente" ist inhaltlich auf die dargelegte steuerrechtliche Zwecksetzung - Trennung der Vermögensumschichtung von einem steuerbaren Zinsanteil - zugeschnitten[5].

Werden außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen private Versorgungsrente wiederkehrende (Gegen-) Leistungen vereinbart, greift der den Abzug als dauernde Last (ohne Verrechnung mit dem Wert einer erbrachten Gegenleistung) oder als Leibrente legitimierende Gesichtspunkt der "vorbehaltenen Vermögenserträge" nicht ein. Es gelten daher § 12 und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts uneingeschränkt. Zu diesen gehören die Grundsätze über entgeltliche Rechtsgeschäfte, insbesondere die Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 14.11.2001 – X R 39/98

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