Leitsatz
Eine Grundstücksgemeinschaft, die ein Gebäude zum Teil steuerfrei an eine Arztpraxis vermietet und es im Übrigen den Gemeinschaftern für private Wohnzwecke überlässt, hat keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes.
Problematik
Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft. Sie errichtete in den Streitjahren 1996 und 1997 auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück ein Gebäude. Das Gebäude wurde teilweise von den Gemeinschaftern zu privaten Wohnzwecken genutzt und teilweise an eine Arztpraxis steuerfrei vermietet. Die Grundstücksgemeinschaft reichte im Dezember 2001 USt-Erklärungen ein, in denen sie anteilig die Vorsteuerbeträge geltend machte, die auf den privat genutzten Teil des Gebäudes entfielen. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Vorsteuerbeträge mit der Begründung ab, dass der Eigenverbrauch steuerfrei und ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nicht zulässig sei. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung des BFH
Die Revision der Grundstücksgemeinschaft hatte keinen Erfolg. Der BFH hat offengelassen, ob die Klage schon deshalb unbegründet ist, weil die Grundstücksgemeinschaft ihr Zuordnungswahlrecht nicht bereits bei der Herstellung des Gebäudes, sondern erst nachträglich ausgeübt hat. Denn auf jeden Fall scheide der Vorsteuerabzug deshalb aus, weil die Grundstücksgemeinschaft das Grundstück nur für steuerfreie Umsätze verwendet habe und in einem solchen Fall auch nach dem Gemeinschaftsrecht ein Recht auf Vorsteuerabzug nicht gegeben sei.
Konsequenzen für die Praxis
Wer Räume im Inland vermietet, übt damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus und ist damit Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG.
Der Abzug von Vorsteuerbeträgen durch einen Unternehmer setzt nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG u.a. voraus, dass Lieferungen oder sonstige Leistungen für sein Unternehmen ausgeführt werden. Wird ein Gebäude teils vermietet (unternehmerische Nutzung) und teils für eigene Wohnzwecke genutzt (nichtunternehmerische Nutzung), liegt eine sog. gemischte Nutzung vor. In diesem Fall hat der Unternehmer nach der Rechtsprechung des EuGH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen oder seinem Privatvermögen zuordnen oder es im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Nutzung in sein Unternehmen einbeziehen. Die Zuordnungsentscheidung ist bereits bei der Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen; spätere Absichtsänderungen wirken nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück und führen nicht dazu, dass USt-Beträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind. Ordnet der Unternehmer ein zu errichtendes Gebäude nicht – ganz oder teilweise – seinem Unternehmen zu, scheidet ein Vorsteuerabzug schon deshalb aus, weil die Lieferungen und Leistungen nicht "für sein Unternehmen" (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG) ausgeführt worden sind.
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG ist vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Lieferungen sowie für sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet. Wird ein dem Unternehmen zugeordnetes Gebäude vom Unternehmer für private Zwecke genutzt, hat dies in den Jahren 1996 und 1997 zu einem Eigenverbrauch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG geführt. Ob dieser Eigenverbrauch steuerfrei ist, richtet sich nach § 4 Nr. 28 Buchst. b UStG. Danach ist steuerfrei die Verwendung von Gegenständen, die außerhalb des Unternehmens liegen, wenn die Gegenstände im Unternehmen ausschließlich für eine nach den Nrn. 8 bis 27 des § 4 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet werden. Liegt die unternehmerische Verwendung in der Vermietung eines Grundstücks an eine Arztpraxis, ergibt sich die Steuerfreiheit aus § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG. Sind die Vermietung und folglich auch der Eigenverbrauch steuerfrei, scheidet nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug aus, weil das Grundstück nur für steuerfreie Umsätze verwendet wird.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gemeinschaftsrecht. Nach Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie ist der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug befugt, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden". Eine Verwendung für Zwecke besteuerter Umsätze liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Die Umsätze aus der unternehmerischen Nutzung, der Vermietung, sind auch nach den Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie steuerfrei. Soweit nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands zu privaten Zwecken den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt wird, setzt dies voraus, dass "dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat." Das ist nur der Fall, wenn der Gegenstand bei seinem Erwerb oder seiner Herstellung wegen der beabsichtigten unternehmerischen Nutzung zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt hat. Dies trifft nicht zu, wenn die Umsätze aus der unternehmerischen Nutzung – wie im vorl...