Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen zu vermeiden, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, eröffnen keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige Einzelunternehmer ist Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer Bau-GmbH. Zwischen dem Steuerpflichtigen und der GmbH bestand eine Organschaft. Das gegen den Steuerpflichtigen wegen Erlangung von Bauaufträgen durch Bestechung eröffnete Strafverfahren wurde gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt. Auftraggeber des insoweit eingeschalteten Rechtsanwalts war der Steuerpflichtige als Beschuldigter und die GmbH. Aus der an die GmbH adressierten Rechnung des Rechtsanwalts versagte das Finanzamt dem Steuerpflichtigen als Organträger den Vorsteuerabzug, weil sich die Rechtsanwaltsleistungen nicht auf das Unternehmen beziehe.
Der BFH hat die Auffassung des Finanzamts bestätigt. Wer sich als Unternehmer gegen den Verdacht zur Wehr setzt, im Zusammenhang mit seiner unternehmerischen Tätigkeit eine Straftat begangen zu haben, kann die an seinen Strafverteidiger entrichtete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen.
Aufgrund einer Vorlage des BFH hatte der EuGH (Urteil v. 21.2.2013, C-104/12) entschieden, dass es hier für den Vorsteuerabzug nicht auf den maßgeblichen Entstehungsgrund der Aufwendungen ankomme (mutmaßliche Straftat wurde im Interesse des Unternehmens begangen). Entscheidend sei vielmehr das unmittelbare Ziel der erbrachten Leistung, nämlich eine Bestrafung des Klägers zu verhindern. Leistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen zu verhindern, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, eröffnen danach kein Recht auf Vorsteuerabzug. Letztlich dienten die Anwaltsdienstleistungen direkt und unmittelbar dem Schutz der privaten Interessen der beiden Beschuldigten, die wegen in ihrem persönlichen Verhalten liegender Zuwiderhandlungen strafrechtlich verfolgt wurden. Auch waren die Strafverfolgungsmaßnahmen nur gegen sie persönlich und nicht gegen die "GmbH" gerichtet. Nach dem BFH ist nicht danach zu differenzieren, ob es sich bei den "privaten Interessen", die durch die Anwaltsleistung geschützt werden sollen, um die eines Geschäftsführers einer juristischen Person oder um die eines Einzelunternehmers handelt.
Hinweis
Die BFH-Entscheidung hat nur für die Umsatzsteuer Bedeutung. Die ertragssteuerrechtliche Frage, ob Aufwendungen für eine Strafverteidigung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein können, wird davon nicht berührt. Zur Abzugsfähigkeit von Strafverteidigerkosten als außergewöhnliche Belastung hat der BFH jüngst Stellung genommen (BFH, Urteil v. 16.4.2013, IX R 5/12; vgl. auch die Kommentierung auf S. 483).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 11.4.2013, V R 29/10.