Leitsatz

Die Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 GrEStG setzt ein rechtswirksames "Kaufangebot" voraus. Ein der Form des § 313 BGB (§ 311b BGB n.F.) nicht genügendes Vertragsangebot bzw. in die Rechtsform eines Vertrags gekleidetes "Kaufangebot" erfüllt nicht die tatbestandlichen Anforderungen des § 1 Abs. 1 Nr. 6, 7 GrEStG.

 

Sachverhalt

Die Stadt S hatte der A-GmbH ein – nicht notariell beurkundetes – Angebot zum Kauf eines Grundstücks unterbreitet. Die A-GmbH entwarf daraufhin Pläne für eine Reihenhausbebauung; hierfür wurde ihr eine Baugenehmigung erteilt. Sie bat S, das Grundstück direkt an ihre Kunden zu verkaufen und bot die Reihenhäuser in Zeitungsanzeigen zum Kauf an. S verkaufte Teilflächen des Grundstücks an von der A-GmbH als Erwerber benannte Personen; diese hatten vor den Grundstückskaufverträgen durch Vermittlung der A-GmbH jeweils einen Bauvertrag abgeschlossen. Das Finanzamt behandelte die A-GmbH als Zwischenhändlerin i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6, 7 GrEStG und setzte für die Benennung der Grundstückserwerber Steuer fest.

 

Entscheidung

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet, und nach Nr. 7 der genannten Vorschrift die Abtretung selbst, wenn kein solches Rechtsgeschäft vorausgegangen ist. Ziel dieser Regelungen ist die Erfassung des Grundstückshandels, der der Grunderwerbsteuer für die Weiterveräußerung eines Grundstücks dadurch ausweicht, dass er keine Grundstücke anbietet, sondern Verkaufsangebote für Grundstücke unterbreitet[1].

§ 1 Abs. 1 Nr. 6, 7 GrEStG erfasst nur Zwischengeschäfte, die den Veräußerer binden. Voraussetzung ist deshalb, dass ein rechtswirksames Kaufangebot eingeräumt wird. Die Rechtswirksamkeit setzt voraus, dass es der Form des § 313 BGB bzw. § 311b BGB n.F. genügt. Ein dieser Form nicht genügendes privatschriftliches oder gar nur mündliches Vertragsangebot entfaltet keine Bindungswirkung gegenüber dem Veräußerer.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Nr. 6, 7 GrEStG nicht erfüllt. Das Angebot der S hatte mangels Einhaltung der Form des § 313 BGB keine bindende Wirkung. Der A-GmbH fehlte damit die von § 1 Abs. 1 Nr. 6, 7 GrEStG vorausgesetzte Rechtsmacht, mit dem Kaufangebot zu handeln.

 

Praxishinweis

Die A-GmbH war auch nicht befugt, das Grundstück i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG zu verwerten. Denn Anhaltspunkte dafür, dass es der A-GmbH ohne Begründung eines Anspruchs auf Eigentumsübertragung rechtlich möglich war, über das Grundstück wie ein Eigentümer zu verfügen, ergeben sich nicht.

Einheitlicher Leistungsgegenstand der von S mit den Erwerbern abgeschlossenen Kaufverträge sind nicht die unbebauten Teilparzellen, sondern die jeweils mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücke.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 5.7.2006, II R 7/05

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