Leitsatz

Wird im Verfahren nach dem WEG die Nutzung von erworbenen Gebäudeteilen als Wohnung untersagt, rechtfertigt dies keine Absetzung für außerordentliche Abnutzung, wenn sich darin ein dem Kaufobjekt von vornherein anhaftender Mangel zeigt und die Parteien des Kaufvertrags die Gewährleistung hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten der Sache ausgeschlossen haben.

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Räumen im Kellergeschoss, die in der Teilungserklärung als Hobbyraum beschrieben sind. Diese Räume waren als Wohnung ausgestaltet und vermietet. Der Kaufpreis für das Objekt und Inventar betrug 145000 DM. Die Verkäufer haben laut Kaufvertrag keine Gewähr zu leisten, "insbesondere nicht … für … Ausnützungsmöglichkeit für Zwecke des Käufers". Auf Betreiben der Eigentümergemeinschaft verbot das AG dem Kläger die Nutzung des Hobbyraums als Wohnung. Seine dagegen gerichteten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Der Hobbyraum wurde bis zur Kündigung des Mieters wegen der gerichtlichen Nutzungsuntersagung für monatlich 665 DM vermietet. Nach Abschluss der Verfahren vor den Zivilgerichten vermietete ihn der Kläger für monatlich 160 DM. Wegen der Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Hobbyraums machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung eine Absetzung für außerordentliche Abnutzung geltend.

 

Entscheidung

Die Voraussetzungen für die Absetzung für außerordentliche Abnutzung sind nicht gegeben, wenn jemand ein bereits mit Mängeln behaftetes Wirtschaftsgut erwirbt. Maßstab für die Nutzbarkeit ist das bestehende Wirtschaftsgut in dem Zustand, in dem es sich bei Erwerb befindet. Der Mangel ist aber in diesen Maßstabzustand mit eingegangen und kann ihn deshalb nicht ändern und in seiner Nutzbarkeit mindern. Auch bei mangelhaften Bauleistungen an einem noch nicht fertig gestellten Gebäude kann der Steuerpflichtige keine Absetzung für außerordentliche Abnutzung geltend machen, wobei es unerheblich ist, ob die Baumängel vor oder nach der Fertigstellung des Gebäudes entdeckt werden. Deshalb macht es auch keinen Unterschied, ob das fehlerhafte Bauwerk hergestellt oder angeschafft wurde. In beiden Fällen ist der Zustand des bestehenden Wirtschaftsguts, wie es fertig gestellt oder geliefert wurde, Gradmesser für die Beurteilung, ob es zu einer Substanzeinbuße oder zu einer Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit gekommen ist. Ein bloßes Ungleichgewicht der Kosten und des Werts der erlangten Leistung rechtfertigt eine Absetzung für außerordentliche Abnutzung ebenso wenig wie eine von vornherein bestehende Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Mangel entsteht, bevor das Gebäude, das der Steuerpflichtige herstellen ließ, fertig gestellt ist oder ob der Steuerpflichtige ein bereits mangelhaftes Gebäude erwirbt.

 

Praxishinweis

Wegen eines Baumangels gibt es also grundsätzlich keine Absetzung für außerordentliche Abnutzung, gleich, ob es sich um fehlerhafte Bauleistungen an einem noch nicht fertig gestellten Bauwerk handelt oder ob ein mangelhaftes Gebäude angeschafft wird. Macht der Steuerpflichtige daher von seinen Gewährleistungsrechten keinen Gebrauch, so bleibt es beim Kaufpreis und damit bei den Anschaffungskosten. Macht er davon Gebrauch, so mindert er mit dem Kaufpreis auch die mittels Absetzung für Abnutzung zu verteilenden Anschaffungskosten, die sich gegebenenfalls gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auswirken. Im Steuerverfahren kann die unterlassene Kaufpreisminderung nicht über die Absetzung für außerordentliche Abnutzung wirtschaftlich nachgeholt werden. Dies gilt vor allen Dingen für Konstellationen wie im Streitfall, wo die Parteien die Gewährleistungsrechte ausgeschlossen haben. Hier besteht von vornherein kein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises. Der Käufer trägt das Risiko, dass die Verwendungsmöglichkeiten der erworbenen Räume von seinen Vorstellungen abweichen – und zwar auch steuerlich.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 14.1.2004, IX R 30/02

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