Leitsatz
- Die für die Gewährung der Eigenheimzulage maßgebende Einkunftsgrenze ist unabhängig von der bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerfestsetzung zu ermitteln.
- Hat der Anspruchsberechtigte bei der bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerveranlagung von einem Wahlrecht Gebrauch gemacht – hier einen Teilbetrag der Sonderabschreibungen nach § 4 FördG in Anspruch genommen –, kann er im Rahmen des Antrags auf Eigenheimzulage sein Wahlrecht nicht abweichend ausüben. Er kann daher keine höheren Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen, um die maßgebende Einkunftsgrenze nicht zu überschreiten.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen, zusammen veranlagte Eheleute, erwarben 1996 ein bebautes Grundstück. Nach Umbau und Sanierung teilten sie das Gebäude in zwei Eigentumswohnungen auf, bezogen eine Wohnung in 1997 als Familienwohnung und nutzten die andere Wohnung als Praxis. Für die zu Wohnzwecken genutzte Wohnung beantragten sie Eigenheimzulage. Dabei war strittig, ob die Einkunftsgrenze von 480000 DM überschritten war. Das Finanzamt ging davon aus, Erstjahr sei das Jahr 1997, da die Eheleute die Wohnung erst in diesem Jahr bezogen hatten. Es versagte die Eigenheimzulage, da die Einkünfte der Jahre 1996 und 1997 höher als 480000 DM waren. Dagegen machten die Eheleute geltend, ihnen stünden Sonderabschreibungen nach dem FördG zu, die sie so auf 1997 verteilen könnten, dass die Einkunftsgrenze nicht überschritten werde. Das Finanzamt versagte die Eigenheimzulage mit der Begründung, das Wahlrecht für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen könne für die Eigenheimzulage nicht abweichend von der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung ausgeübt werden.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Zwar ist der Gesamtbetrag der Einkünfte für die Einkunftsgrenze nach dem EigZulG unabhängig von der Einkommensteuerveranlagung zu ermitteln. Insbesondere ist der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für die Festsetzung der Eigenheimzulage. Jedoch können Wahlrechte, die bei der Einkommensteuerveranlagung ausgeübt worden sind, nach Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzung im Zulagenverfahren nicht abweichend vom Veranlagungsverfahren (erneut) ausgeübt werden. Der Steuerpflichtige hat sein Wahlrecht vielmehr erschöpft und ist aufgrund der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids an diese Wahl gebunden.
Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, da nicht feststand, ob das Finanzamt das Jahr 1997 zutreffend als Erstjahr angesehen hat. Möglicherweise war 1996 das Erstjahr, da nach der neueren Rechtsprechung als Erstjahr nicht das Jahr des Bezugs, sondern das Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung anzusehen ist. Möglicherweise überschritten die Einkünfte in 1995 und 1996 nicht die Grenze. Das FG muss daher prüfen, ob die Wohnung 1996 angeschafft wurde oder ob aufgrund von Umbau und Sanierung eine in das Jahr 1997 fallende Herstellung vorliegt.
Praxishinweis
Die Entscheidung bestätigt, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte des Erstjahrs und des vorangegangenen Jahrs für die Frage, ob die Einkunftsgrenze für die Förderfähigkeit nach dem EigZulG überschritten ist, unabhängig von der Einkommensteuerveranlagung zu prüfen ist. Im Zulageverfahren können daher weitere Betriebsausgaben oder Werbungskosten abweichend von der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden, und zwar auch dann, wenn die Einkommensteuerbescheide für die entscheidenden zwei Jahre bereits bestandskräftig sind. Anders verhält es sich bei der Ausübung eines Wahlrechts. Diese verbindliche Verfahrenshandlung ist nach Bestandskraft der Veranlagung verbraucht und kann nicht nachträglich berücksichtigt werden. Hätten die Eheleute die Einkommensteuerveranlagungen offen gehalten, hätten sie das Wahlrecht auch für die Eigenheimzulage wirksam ausüben können.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 4.11.2004, III R 73/03