Unbekannte Denkmaleigenschaft
Im zu entscheidenden Fall hatte der Kläger mit notariellem Kaufvertrag ein Wohngebäude erworben. Im Kaufvertrag war ein Haftungsausschluss der Verkäufer für unbekannte Rechtsmängel sowie für offene und verdeckte Sachmängel vereinbart. Nicht erwähnt wurde, dass es sich bei dem Wohngebäude um ein Kulturdenkmal i. S. v. § 2 des Denkmalschutzgesetzes von Baden-Württemberg handelt.
Erst aus Anlass späterer Umbaumaßnahmen wurde dem Käufer durch ein Einschreiten des Bauordnungsamts die Denkmaleigenschaft des Wohngebäudes mit allen damit verbundenen Einschränkungen bekannt. Mit seiner Klage macht der Kläger einen Amtshaftungsanspruch geltend. Bis zum erstmaligen Einschreiten des Bauordnungsamts hätten weder er noch die Verkäufer von der Denkmaleigenschaft des Wohngebäudes Kenntnis gehabt. Die Denkmalschutzbehörden der erstbeklagten Stadt und des zweitbeklagten Landes hätten es pflichtwidrig entgegen den Vorgaben in der Verwaltungsvorschrift für die Erfassung von Kulturdenkmalen verabsäumt, die früheren Eigentümer des Anwesens von der Feststellung der Denkmaleigenschaft zu unterrichten und das Objekt in die Kulturdenkmalliste aufzunehmen. Wäre dies geschehen, so hätten sie vor dem Erwerb des Grundstücks von der Denkmaleigenschaft des Gebäudes erfahren und vom Kauf Abstand genommen oder einen niedrigeren Kaufpreis ausgehandelt.
Entscheidung des BGH
Wie schon die Vorinstanzen hat der Bundesgerichtshof (BGH) der Klage nicht stattgegeben. Nach der Systematik des baden-württembergischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG), so das Gericht, stehen gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz (DSchG) "einfache" Kulturdenkmale unter Denkmalschutz, ohne dass es hierzu noch einer Aufnahme in eine Denkmalliste oder einer entsprechenden Erklärung der Denkmalschutzbehörde bedarf (ipso-iure-Prinzip). Bei Kulturdenkmalen von besonderer Bedeutung besteht allerdings die im zu entscheidenden Fall nicht einschlägige Besonderheit, dass diese herausragenden Denkmale den über den allgemeinen Schutz von Kulturdenkmalen hinausgehenden zusätzlichen Schutz nur dann genießen, wenn sie in das Denkmalbuch eingetragen sind (§ 12 DSchG).
Da es sich beim Vollzug des Denkmalschutzgesetzes als notwendig herausgestellt hatte, über die für Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung vorgesehene Eintragung hinaus alle Kulturdenkmale i. S. v. § 2 DSchG aufzulisten, wurde in Baden-Württemberg durch Erlass von Verwaltungsvorschriften die Erfassung von Kulturdenkmalen in Listen (Kulturdenkmallisten) vorgeschrieben.
Nur deklaratorische Bedeutung
Der BGH weist darauf hin, dass den Kulturdenkmallisten schon nach ihrem Wortlaut nur deklaratorische Bedeutung zugemessen wird. Sie begründen insbesondere keinen öffentlichen Glauben daran, dass nur die darin erfassten Objekte die Denkmaleigenschaft besitzen. Dies bringt es mit sich, dass stets mit der Möglichkeit gerechnet werden muss, dass Objekte im Rechtssinne Denkmale und gleichwohl nicht in einer Liste aufgeführt sind oder dass in einer Liste erwähnten Objekten die Denkmaleigenschaft fehlt. Dementsprechend vermögen die Listeneintragungen für sich allein genommen grundsätzlich keinen Vertrauensschutz für Dritte begründen.
Prüfung liegt in eigener Verantwortung
Die Listeneintragungen dienen jedenfalls nicht dem Interesse späterer Erwerber. Diese müssen in eigener Verantwortung überprüfen, ob die in § 2 DSchG genannten Voraussetzungen bei einer Immobilie vorliegen und hiernach das Risiko besteht, dass es künftig durch behördliche Verfügungen zu Einschränkungen in der Nutzung oder Veränderung des Objekts kommen könnte.
(BGH, Urteil v. 6.6.2013, III ZR 196/12, NJW 2013 S. 3370)