Leitsatz

Bringen Bruchteilseigentümer Grundstücke zu unveränderten Anteilen in eine personenidentische Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Vermietungseinkünften ein, liegt steuerrechtlich kein Anschaffungsvorgang vor, weil die Gesellschafter gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO weiterhin im bisherigen Umfang als Bruchteilseigentümer der Grundstücke anzusehen sind.

 

Sachverhalt

An einer 1997 gegründeten GbR sind die Eheleute A je zur Hälfte beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass sie in die GbR zwei ihnen je zur Hälfte gehörende (vermietete) Grundstücke einbringen sollen. Dafür soll die GbR die auf diesen Grundstücken lastenden Grundschulden übernehmen. Die einzubringenden Grundstücke hafteten für ein Darlehen, mit dem die Eheleute die Herstellung eines selbstgenutzten Zweifamilienhauses finanzierten. Die GbR ging von einer Anschaffung der Grundstücke gegen Übernahme von Verbindlichkeiten aus. Finanzamt und -gericht sahen darin dagegen keinen Anschaffungsvorgang und berücksichtigten weder die erhöhten Abschreibungen noch die Schuldzinsen. Dem folgte auch der BFH.

 

Entscheidung

Die GbR ist im Steuerprozess beteiligtenfähig und klagebefugt. Anders als beantragt, kann sie aber keine Absetzungen und Schuldzinsen im Zusammenhang mit einem Anschaffungsvorgang geltend machen; denn ein solcher ist hier nicht gegeben. Steuerrechtlich hat der Rechtsträger nämlich nicht gewechselt: Die Eheleute A waren vor der "Einbringung" Bruchteilseigentümer der beiden Grundstücke und sind dies nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auch weiterhin. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO werden Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Damit wird die Gesamthandsgemeinschaft wie eine Bruchteilsgemeinschaft behandelt. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist anzuwenden, weil eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist, wenn die GbR nicht selbst Schuldnerin der Einkommensteuer ist, aber den Besteuerungstatbestand erfüllt.

 

Praxishinweis

Das Urteil zeigt die ziemlich komplizierte Rechtslage bei der Besteuerung einer GbR, die dadurch bedingt ist, dass Verfahrensrecht und materielles Steuerrecht auseinander driften. Während die GbR prozessrechtlich ein beteiligtenfähiges und klagebefugtes Subjekt ist, wird sie im Steuerschuldrecht als Bruchteilsgemeinschaft behandelt. Die Ursache liegt darin, dass das EStG nicht die Gesellschaft selbst als Steuersubjekt anerkennt, sondern nach § 1 Abs. 1 EStG nur natürliche Personen. Das ist anders z.B. im Umsatzsteuer-, Grunderwerbsteuer- und Fördergebietsrecht, die eine GbR auch materiell-rechtlich als Steuersubjekt anerkennen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 6.10.2004, IX R 68/01

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