Leitsatz

Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand über und scheidet einer der bisherigen Miteigentümer aus der Gesamthand aus mit der Folge, dass die Übertragung seines Miteigentumsanteils auf die Gesamthand nicht nach § 5 Abs. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit ist, ist die Festsetzung von Grunderwerbsteuer für diesen Erwerbsvorgang nicht in entsprechender Anwendung des § 16 GrEStG aufzuheben, wenn später die Rückgängigmachung dieses Ausscheidens vereinbart wird.

 

Sachverhalt

A, B und C übertrugen zu je ⅓ in ihrem Miteigentum stehende Grundstücke auf eine GbR, an deren Gesellschaftsvermögen sie zu je ⅓ beteiligt sein sollten, und beantragten zugleich eine Grundbuchberichtigung, da C seine Beteiligung auf A und B übertragen habe und somit aus der GbR ausgeschieden sei. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest und ließ dabei die Steuer in Höhe von ⅔ unerhoben. A, B und C vereinbarten später, dass C in der GbR verbleibe, und hoben sämtliche Vereinbarungen über das Ausscheiden von C auf. Die GbR beantragte, die Steuerfestsetzung in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Dem folgte das Finanzamt nicht.

 

Entscheidung

Unmittelbar anwendbar ist § 16 GrEStG hier schon deshalb nicht, weil die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Übertragung der Grundstücke in das Gesamthandsvermögen der GbR von dem Ausscheiden bzw. Wiedereintritt des C unberührt geblieben ist. Auch eine analoge Anwendung des § 16 GrEStG auf das Rückgängigmachen einer Veränderung im Gesellschafterbestand der erwerbenden Gesamthand, welche die Steuerbefreiung des Erwerbsvorgangs nach § 5 Abs. 1 GrEStG anteilig ausschloss, kommt nicht in Betracht.

§ 16 GrEStG beinhaltet eine am Besteuerungszweck orientierte Korrektur zu § 1 GrEStG. Die Vorschrift kann unter Berücksichtigung dieses systematischen Zusammenhangs nicht analog auf Fälle angewendet werden, in denen – wie hier – lediglich die Voraussetzungen einer zu versagenden Steuerbefreiung nachträglich "rückgängig" gemacht werden, der steuerbare Erwerbsvorgang selbst aber unberührt bleibt.

 

Praxishinweis

Da es sich bei § 16 GrEStG um "gegenläufige" Tatbestände zu denen des § 1 GrEStG handelt, kommt diese Vorschrift nur zur Anwendung, wenn ein in § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG genannter Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wurde.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 29.9.2005, II R 36/04

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