Streitfrage
Der Erwerb aller Erbanteile durch mehrere in Bruchteilsgemeinschaft verbundene Personen führt nicht zur Auflösung der Erbengemeinschaft und damit auch nicht zur Entstehung von Bruchteilseigentum an den einzelnen Nachlassgegenständen. So entschied jüngst das OLG Jena und stellte sich damit u. a. gegen den Bundesfinanzhof (NJW 1975 S. 2119). Dabei ging es um folgenden Sachverhalt:
Antrag abgelehnt
Die Beteiligten sind im Grundbuch in Erbengemeinschaft als Grundstückseigentümer eingetragen. Die Eintragung erfolgte im Wege der Grundbuchberichtigung aufgrund einer notariellen Erbteilsübertragung. Nach der Urkunde übertrugen die seinerzeit in Erbengemeinschaft eingetragenen Voreigentümer ihren jeweiligen Erbteil am Nachlass von P.W., der nur noch aus dem hier betroffenen Grundstück besteht, jeweils zu 1/2 auf die Beteiligten. Diese beantragten alsdann die Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass der Zusatz "in Erbengemeinschaft" gelöscht wird und sie als Miteigentümer zu je 1/2 eingetragen werden. Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag zurückgewiesen.
Beschwerde
Die Beteiligten vertreten mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde die Auffassung, bei Vereinigung aller Erbteile in der Hand miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundener Erwerber gehe der Nachlass und die einzelnen Nachlassgegenstände auf die Erwerber zu Miteigentum nach Bruchteilen über. Die Situation sei mit dem Fall vergleichbar, wenn eine Person sämtliche Erbanteile erwirbt. Führe die Veräußerung dazu, dass die zunächst gesonderten Nachlassanteile insgesamt denselben Rechtssubjekten zustehen, komme es zu deren "Zusammenwachsen", vergleichbar der Anwachsung i. S. v. § 2094 BGB.
Gesamthand besteht fort
Doch das OLG Jena teilt diese Auffassung nicht: Eine bestehende Erbengemeinschaft wird nicht dadurch beendet, dass die Beteiligten mit notarieller Urkunde jeweils 1/2 dieser Erbanteile erworben haben. Ein derartiger Erwerb führt nach h. M. zwar dazu, dass innerhalb der Erbengemeinschaft in Bezug auf die jeweiligen Erbanteile eine Bruchteilsgemeinschaft entsteht, ändert aber nichts am Fortbestehen der gesamthänderischen Bindung in Bezug auf die Erbanteile im Verhältnis zueinander. Dieser Fall sei nicht mit der Situation vergleichbar, in der sämtliche Erbanteile in der Hand einer natürlichen oder juristischen Person bzw. einer BGB-Gesellschaft vereinigt werden und deshalb die Erbengemeinschaft aufgehoben wird sowie alle Erbanteile untergehen.
Machtwort des BGH
Das OLG Jena hat den Fortbestand einer Erbengemeinschaft nach dem Erwerb aller Erbteile durch mehrere in Bruchteilsgemeinschaft verbundene Personen festgestellt. Diese in der Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage wird demnächst der Bundesgerichtshof im Rahmen der eingelegten Rechtsbeschwerde entscheiden (BGH, V ZB 126/14).
(OLG Jena, Beschluss v. 16.6.2014, 3 W 184/14, ZEV 2014 S. 603 mit kritischer Anm. Werner)