Leitsatz
- Eine Tätigkeit ist eine sonstige selbständige Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn sie den dort aufgeführten Tätigkeiten (Vollstreckung von Testamenten, Vermögensverwaltung, Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied) ähnlich ist.
- Eine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG übt derjenige aus, der mit der Überwachung der Geschäftsführung einer Gesellschaft beauftragt ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn vom Beauftragten im Wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung wahrgenommen werden.
Sachverhalt
Der in der ehemaligen DDR ausgebildete Ingenieurpädagoge mit der Fachrichtung Elektrotechnik war im Streitjahr – überwiegend über ein Treuhandverhältnis als Treugeber – an Kapitalgesellschaften beteiligt, mit denen er Beratungsverträge abschloss. Diese umfassten die Übernahme folgender Aufgaben: Kosten- und Erlösplanung, Controlling, Personalplanung und -einsatz, Marketing, Mediaplanung, Standort- und Kostenbeurteilung für die Eröffnung neuer Filialen, Führungskraftbeschaffung und -auswahl. Sonstige Tätigkeiten sollten gesondert vergütet werden. In keinem der Gesellschaftsverträge war geregelt, dass ein Aufsichtsrat oder ähnliches Gremium zu bestellen war. Die aus den Beratungsverträgen erzielten Einnahmen wurden als Einkünfte aus selbständiger Arbeit behandelt. Das Finanzamt und ihm folgend das FG nahmen dagegen gewerbliche Einkünfte an. Dagegen richtet sich die Revision.
Entscheidung
Für die Annahme einer Tätigkeit als beratender Betriebswirt oder einer ähnlichen Tätigkeit fehlt es schon an einem entsprechenden Studium bzw. einem vergleichbaren Selbststudium sowie einer beruflichen Tätigkeit auf der Grundlage einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung. Die streitige Tätigkeit ist auch derjenigen eines Testamentsvollstreckers, Vermögensverwalters oder Aufsichtsratsmitglieds nicht ähnlich.
Als Aufsichtsratsmitglied i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG können nur Mitglieder von Organen einer Körperschaft wie Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Grubenvorstand oder andere Personen angesehen werden, die mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt sind; der Begriff der überwachenden Tätigkeit ist dabei weit auszulegen. Von einer die Geschäftsführung überwachenden Tätigkeit ist allerdings dann nicht mehr auszugehen, wenn im Wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung selbst wahrgenommen werden. Ebenso wenig hat eine Tätigkeit überwachende Funktion, wenn jemand gegenüber der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft lediglich beratend tätig wird. Zwar kann in beiden Funktionen die Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft beeinflusst werden; als wesentliches Merkmal der Überwachung fehlen der Beratungstätigkeit jedoch das Recht und die Pflicht zur Kontrolle der Geschäftsführung. Die Würdigung des FG, die vom Kläger aufgrund der Beratungsverträge übernommenen Aufgabenbereiche hätten nichts mit der Überwachung der Geschäftsführung zu tun, hat der BFH mit dem Hinweis bestätigt, dass die zu erbringenden, im Sachverhalt genannten Leistungen typische Aufgaben der Geschäftsführung sind. Im Hinblick auf diese Wahrnehmung der Geschäftsführung kommt es im Streitfall auch nicht auf die Abgrenzung einer überwachenden zu einer beratenden Tätigkeit an.
Praxishinweis
Aufsichtsratsvergütungen i.S. des § 10 Nr. 4 KStG sind Vergütungen, die als Entgelt für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden. Werden – wie hier – Beratungshonorare für konkrete Leistungen an die Gesellschafter gezahlt, sind sie lediglich Entgelt für diese Leistungen, nicht für die Überwachung der Geschäftsleitung, selbst wenn der Leistungserbringer aufgrund von Treuhandverträgen in Verbindung mit der jeweiligen Satzung der Gesellschaft eine die Geschäftsführung überwachende Funktion ausüben kann.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 28.8.2003, IV R 1/03