Leitsatz

Eine selbständige und eigenverantwortliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG übt nur derjenige aus, der unmittelbar zur Verwaltung fremden Vermögens berechtigt und verpflichtet ist. Ein Subunternehmer erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

 

Sachverhalt

Nach Banklehre und mehrjähriger Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter von zwei GmbH wurde der Kläger als freier Mitarbeiter für einen Steuerberater tätig, der im Auftrag der Treuhandanstalt ehemalige volkseigene Betriebe privatisierte bzw. liquidierte. Er übertrug dem Kläger mit Einverständnis der Treuhandanstalt die Vorbereitung von 17 Unternehmensveräußerungen zur selbständigen Erledigung ohne Vereinbarung eines festen Gehalts oder von Leistungen im Urlaubs- und Krankheitsfall. In seinen Steuererklärungen bezeichnete sich der Kläger als Unternehmensberater und gab Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit an. Das Finanzamt nahm jedoch Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Auch der BFH verneint Einkünfte i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Insbesondere war die streitige Tätigkeit nicht der eines beratenden Betriebswirts ähnlich, weil der Kläger nicht über eine vergleichbare breite fachliche Vorbildung verfügt[1]. Die Tätigkeit erfüllt auch nicht die Merkmale einer sonstigen selbständigen Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, weil dazu nach ständiger Rechtsprechung nur vermögensverwaltende Tätigkeiten gehören[2], die der Steuerpflichtige in eigener Person ausübt. Die Einschaltung qualifizierten Personals oder die Beauftragung von Subunternehmern ist nach der Vervielfältigungstheorie schädlich und hat zur Folge, dass die Tätigkeit als gewerblich beurteilt wird[3]. Werden nämlich Angestellten oder Subunternehmern nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende oder mechanische Arbeiten übertragen, so beruht die betreffende Tätigkeit nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers und ist deshalb als gewerblich zu qualifizieren. Selbst wenn nur Hilfskräfte beschäftigt werden, die ausschließlich untergeordnete Arbeiten erledigen, kann der Umfang des Betriebs im Einzelfall den gewerblichen Charakter der Tätigkeit begründen[4].

Danach kann ein für einen Vermögensverwalter arbeitender Subunternehmer nicht in Anspruch nehmen, "selbständig und eigenverantwortlich" i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig zu sein. Dies folgt zunächst aus einem Vergleich mit den in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG exemplarisch genannten Tätigkeiten des Aufsichtsrats, des Testamentsvollstreckers oder des – als Vermögensverwalter angesehenen – Insolvenzverwalters, die höchstpersönlich auszuüben sind und weder durch Rechtsgeschäft auf einen Dritten übertragen werden können noch bei Tod des Amtsinhabers auf den Erben übergehen. Nur diese Auslegung sichert die Vereinbarkeit der Ergebnisse mit der Vervielfältigungstheorie. Überträgt nämlich der mit der Vermögensverwaltung unmittelbar Beauftragte die Aufgaben auf einen Subunternehmer und ist deshalb selbst nicht mehr i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG freiberuflich, sondern gewerblich tätig, wäre es widersprüchlich, wenn der Subunternehmer Einkünfte aus § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielen würde, obwohl zu dem Inhaber des verwalteten Vermögens keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen und die Leistung aufgrund eines Rechtsverhältnisses mit dem Hauptunternehmer erbracht wird.

 

Praxishinweis

  1. Die Entscheidung setzt die bisherige Linie der Rechtsprechung des IV. Senats fort, nach der u.a. die Tätigkeit eines vom Testamentsvollstrecker mit der Nachlassverwertung Beauftragten nicht als sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen ist[5].
  2. Ob die selbständig und eigenverantwortlich ausgeübte Privatisierung volkseigener Betriebe im Auftrag der Treuhandanstalt die Voraussetzungen einer vermögensverwaltenden Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfüllen kann, hat der BFH im Streitfall ausdrücklich offen gelassen.
 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 28.4.2005, IV R 41/03

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