Leitsatz

Nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft sind insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhen.

 

Sachverhalt

Die Geschwister G waren die Kommanditisten einer GmbH & Co. KG mit Grundbesitz. Die Komplementär-GmbH war nicht am Gesamthandsvermögen beteiligt. Die Geschwister übertrugen ihre Kommanditanteile unentgeltlich, aber unter Nießbrauchsvorbehalt auf verschiedene Neffen. Das Finanzamt war der Ansicht, die Übertragung der Kommanditanteile auf die Neffen erfülle den Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG und sei nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Die Neffen halten diese Befreiungsvorschrift dagegen auch bei Erwerben i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG für anwendbar.

 

Entscheidung

  1. Die Übertragung der Kommanditanteile erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Danach gilt ein Gesellschafterwechsel bei einer Personengesellschaft mit Grundbesitz als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft, wenn sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
  2. Der Erwerbsvorgang ist nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift sind u.a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden i.S. des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass § 1 Abs. 2a GrEStG den Übergang der Grundstücke der KG auf eine neue Personengesellschaft fingiert[1], während der Schenkungsteuer die freigebige Zuwendung der Kommanditanteile unterliegt. Denn diesen unterschiedlichen rechtstechnischen Anknüpfungspunkten kommt im Hinblick auf den Zweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG, die doppelte Belastung eines Vorgangs mit Grunderwerb- und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden, keine Bedeutung zu. Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG verwendete Begriff "Grundstücksschenkungen unter Lebenden" ist nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst.
 

Praxishinweis

Die Entscheidung liegt auf der Linie der Rechtsprechung[2] und stellt nochmals klar, dass § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch dann gilt, wenn Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 12.10.2006, II R 79/05

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?