Leitsatz

Eine unzutreffende, jedoch bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung muss sich der als Haftungsschuldner in Anspruch genommene Geschäftsführer einer GmbH dann nicht nach § 166 AO entgegenhalten lassen, wenn er nicht während der gesamten Dauer der Rechtsbehelfsfrist Vertretungsmacht und damit das Recht gehabt hat, namens der GmbH zu handeln.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, über deren Vermögen im Dezember 1998 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Bereits am 5.11.1998 wurde ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und ein vorläufiger Konkursverwalter bestellt. Die von der KG für September 1998 geschuldeten Löhne wurden erst am 12. und 22.10.1998 gezahlt. Die Lohnsteueranmeldung für September 1998 ging am 14.10.1998 beim Finanzamt ein. Mit Haftungsbescheid vom 5.11.1998 wurde der Kläger wegen angemeldeter, jedoch nicht abgeführter Lohnsteuer nach § 69 AO in Anspruch genommen.

 

Entscheidung

Der Geschäftsführer muss die Festsetzungswirkung der Lohnsteueranmeldung nicht gegen sich gelten lassen. § 166 AO verwehrt ihm nicht, geltend zu machen, dass die Lohnsteuer für September im Hinblick auf die erst im Oktober tatsächlich gezahlten Septemberlöhne materiell-rechtlich noch nicht geschuldet wird, sondern insofern erst im Oktober. Ein Steuerbescheid hat zwar nach § 166 AO auch gegenüber demjenigen Wirkung, der in der Lage gewesen wäre, ihn als Vertreter des Steuerpflichtigen anzufechten. Diese Drittwirkung tritt jedoch nur ein, wenn der Vertreter während der gesamten Dauer der Rechtsbehelfsfrist Vertretungsmacht und damit das Recht gehabt hat, namens des Steuerpflichtigen zu handeln[1]. Diese Möglichkeit hatte der Kläger nicht; denn zwischen dem Eingang der Lohnsteueranmeldung beim Finanzamt und der Einleitung des Konkursverfahrens mit der Folge des Verlusts der Verfügungsbefugnis lagen nur drei Wochen; der Kläger konnte die Einspruchsfrist also nicht in vollem Umfang ausschöpfen. Für die Nichtabgabe der Lohnsteueranmeldung für Oktober und die entsprechende Abführung der Steuer haftet er nicht, weil er im betreffenden Zeitpunkt keine Verfügungsbefugnis mehr hatte.

 

Praxishinweis

§ 41a Abs. 1 EStG begründet die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, bis zum zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums dem Finanzamt die Summe der in diesem Zeitraum einzubehaltenden Lohnsteuer in einer Steuererklärung anzugeben und die im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene Lohnsteuer abzuführen. Die Anmeldung hat die Wirkung eines Festsetzungsbescheids. Gegen sie kann gegebenenfalls Einspruch eingelegt oder eine Berichtigungsanmeldung abgegeben werden, die bei niedrigerem Steuerausweis aber erst dann Festsetzungswirkung hat, wenn das Finanzamt ihr zustimmt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 24.8.2004, VII R 50/03

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