Leitsatz

Eine Volljuristin ohne anwaltliche Zulassung, die als Berufsbetreuerin und Verfahrenspflegerin tätig ist, erzielt Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 ESt. Das gleiche gilt für eine Sozietät von Rechtsanwälten, die neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit als Berufsbetreuer tätig sind.

 

Sachverhalt

Eine Volljuristin war als berufsmäßige Betreuerin und Verfahrenspflegerin tätig. In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 deklarierte sie die von ihr erzielten Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG. Das Finanzamt beurteilte die von der Steuerpflichtigen erzielten Einkünfte indes als solche aus Gewerbebetrieb.

Eine Sozietät von Anwälten erzielte ihre Einnahmen im Jahr 2001 zu 80 % aus der Tätigkeit der Anwälte für die Übernahme von Betreuungen nach den §§ 1896ff. BGB, die das Finanzamt als gewerblich ansah.

Der BFH entscheidet, dass die Tätigkeit der Volljuristin als berufsmäßige Betreuerin

und die Einkünfte der Rechtsanwälte, die neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit als Berufsbetreuer tätig waren, als Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) einzustufen sind, für die keine Gewerbesteuer anfällt. Die genannten Tätigkeiten sind den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit zuzurechnen, weil sie ebenso wie die in der Vorschrift bezeichneten Regelbeispiele (Testamentsvollstreckung, Vermögensverwaltung, Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied) – berufsbildtypisch – durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt sind. Die Tätigkeit als Berufsbetreuer und Verfahrenspfleger sind ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich. An seiner früheren Beurteilung, nach der Einkünfte berufsmäßiger Beteuer als gewerblich eingestuft wurden, hält der BFH unter Änderung seiner Rechtsprechung nicht mehr fest.

 

Hinweis

Die geänderte Rechtsprechung ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteile v. 15.6.2010, VIII R 10/09 und VIII R 14/09.

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