Leitsatz
Der Übergang zur sog. Konsumgutlösung führt nicht zu einer steuerpflichtigen Entnahme der Teile des Grund und Bodens, die der Steuerpflichtige unzutreffend als zur Wohnung dazugehörenden Grund und Boden in die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung einbezogen hat. Diese Flächen bleiben bis zu ihrer Veräußerung oder Entnahme land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen (entgegen BMF-Schreiben vom 4.6.1997, IV B 9 – S 2135 – 7/97, BStBl I 1997, S. 630, Tz. 8; vom 13.1.1998, IV B 9 – S 2135 – 34/97, BStBl I 1998, S. 129).
Sachverhalt
Der Landwirt, der seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt, erklärte mit der Einkommensteuererklärung 1996 den Wegfall der Nutzungswertbesteuerung gemäß § 52 Abs. 15 EStG a.F. zum 1.1.1997 für das Wohnhaus und die dazugehörenden Gartenflächen des Flurstücks Nr. 1775, das zumindest seit den 30er Jahren Bauland ist. In der den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre zu Grunde liegenden Bilanz wurde die Entnahme der Hofstelle mit dem Flurstück Nr. 1775 als steuerfrei behandelt. Hinsichtlich des "Gemüsegartens" ging das Finanzamt indessen von einer steuerpflichtigen Entnahme der Gesamtfläche aus. Während des dagegen gerichteten Einspruchsverfahrens stellte das Finanzamt anlässlich einer nochmaligen Besichtigung der Hofstelle fest, dass sich unmittelbar neben den Wirtschaftsgebäuden ein weiterer ca. 450 qm großer, von der übrigen Gartenfläche abgegrenzter Gemüsegarten befand. Das Finanzamt behandelte darauf nur den eingezäunten Teil des Hausgartens, den unmittelbar an die Wirtschaftsgebäude grenzenden, 450 qm großen Gemüsegarten, als zur selbst genutzten Wohnung gehörenden Grund und Boden und ließ den Entnahmegewinn insoweit nach § 52 Abs. 15 Satz 7 EStG a.F. außer Ansatz. Dadurch ermäßigte sich der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1996/97 und es ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997, die erneut angefochten wurden.
Nach erfolglosem Vorverfahren gab das FG der Klage mit der Begründung statt, die den dazugehörenden Grund und Boden übersteigende Fläche des Flurstücks Nr. 1775 sei geduldetes Betriebsvermögen gewesen und habe mit Abwahl der Nutzungswertbesteuerung nicht steuerpflichtig entnommen werden müssen.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist die streitige Fläche entweder als zum Wohnhaus dazugehörender Grund und Boden mit Abwahl der Nutzungswertbesteuerung steuerfrei Privatvermögen geworden oder aber – wovon das FG ausgegangen ist – als nicht dazugehörender Grund und Boden Betriebsvermögen geblieben. Die mögliche Bebaubarkeit der streitigen Fläche ist allein kein taugliches Kriterium für ihre Beurteilung als dazugehörender Grund und Boden, sondern allenfalls als Indiz für einen fehlenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang der Fläche mit der selbst genutzten Wohnung geeignet. Zur Bestimmung des "dazugehörenden Grund und Bodens" hat der BFH vielmehr auf den bis zur Abwahl der Nutzungswertbesteuerung bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang einer Fläche mit der begünstigten Wohnung abgestellt und den Umfang dieser Fläche auch nach der für die künftige Wohnungsnutzung vorgesehenen Zweckbestimmung bemessen. Danach kann selbst eine 400 m vom Hofgrundstück entfernte und durch eine Straße getrennte Gartenfläche als zur Wohnung gehörender Grund und Boden beurteilt werden, sofern sie vor und nach der Entnahme des Wohnhauses als Hausgarten genutzt wurde.
Nach Auffassung des BFH ist ein Entnahmegewinn selbst dann nicht anzusetzen, wenn man der Würdigung des FG folgt und die genannte Fläche nicht als zur Wohnung gehörenden Grund und Boden beurteilt. Denn eine Erklärung zur Abwahl der Nutzungswertbesteuerung nach § 52 Abs. 15 Satz 4 EStG a.F. ist nicht als Entnahme zu werten, die als tatsächlicher Vorgang rückbezogen werden kann. Insoweit liegt entgegen der Auffassung des Finanzamts auch keine Entnahme durch die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung vor, weil die Abwahl nicht – was für eine Wertung als Entnahme erforderlich wäre – die vorher gegebenen gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme von Betriebsvermögen endgültig beseitigt hat.
Praxishinweis
Der BFH ist nicht der Ansicht des BMF gefolgt, das grundsätzlich von einer steuerpflichtigen (Zwangs-)Entnahme der Teile des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens ausgeht, die den "erforderlichen und üblichen Umfang" übersteigen, und das den Verbleib dieser Flächen im Betriebsvermögen von einer entsprechenden Erklärung des Steuerpflichtigen und der Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung binnen zwei Jahren nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung abhängig macht. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken, der § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG zu Grunde liegt und der auch schon vor In-Kraft-Treten dieser Vorschrift galt.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 20.11.2003, IV R 21/03