Letzte Chance

Die Erbschaft eines stark überschuldeten Schuldners ist für Gläubiger häufig die einzige Möglichkeit der Forderungsdurchsetzung. Mancher Gläubiger ist daher nach Kenntnis des Erbanfalls bemüht, sich im Wege der Zwangsvollstreckung nach Annahme der Erbschaft aus dem Nachlass zu befriedigen. Doch das "Recht" auf Annahme der Erbschaft unterliegt nach Meinung des OLG München nicht der Pfändung.

Schneller Gläubiger

Der Gläubiger einer erheblich verschuldeten Schuldnerin, die frisch geerbt hatte, erwirkte beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, in dem die Rechte der Schuldnerin auf Annahme und Ausschlagung der Erbschaft gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurden. Er erklärte gegenüber dem Nachlassgericht für die Schuldnerin die Annahme der Erbschaft. Einige Zeit später schlug die Schuldnerin das Erbe aus, um so den Zugriff ihrer Gläubiger auf den Nachlass zur Begleichung ihrer Schulden zu vermeiden.

Das OLG München stellte die form- und fristgerechte Ausschlagung der Erbschaft durch die Schuldnerin fest:

Erbschaftsannahme nicht pfändbar

Die Erklärung des Gläubigers, aufgrund der erfolgten Pfändung und Überweisung des "Rechts" für die Schuldnerin das Erbe anzunehmen, erfolgte zwar zeitlich vor der Ausschlagungserklärung. Sie führte jedoch nicht zum Verlust des Ausschlagungsrechts der Schuldnerin i. S. d. § 1943 BGB. Der erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gibt nach Ansicht des Gerichts kein Recht dazu, die Annahme der Erbschaft anstelle der Erbin zu erklären. Die Pfändung gehe ins Leere und sei nichtig, da das darin erwirkte "Recht" weder eine Forderung i. S. d. §§ 829ff. ZPO noch ein Vermögensrecht i. S. d. § 857 Abs. 1 ZPO sei. Ein höchstpersönliches Recht, das an die Person des Schuldners gebunden ist, könne nach allgemeiner Meinung kein Vermögensrecht sein.

Wie bei Ausschlagung

Hinweis: Früher schon hatte der Bundesgerichtshof (NJW 2011 S. 2291) im Zusammenhang mit einer Privatinsolvenz entschieden, dass die Ausschlagung ein höchstpersönliches Recht des Erben ist, das nur von ihm wahrgenommen werden kann. Nunmehr ist klar, dass auch die Entscheidung über die Annahme eines Erbes eine höchstpersönliche Sache des Erben darstellt. Erst nach Annahme der Erbschaft durch den Erben oder Ablauf der gesetzlichen Ausschlagungsfrist können die Bemühungen der Gläubiger auf Durchsetzung ihrer Forderung in den Nachlass greifen.

Wichtig bei Sozialhilfe­bezug

Somit können auch Sozialhilfeträger nicht auf den freien Willen des Erben, das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen, einwirken. Insoweit ist die Entscheidung wichtig für Berater beim Behinderten- und Bedürftigtentestament.

(OLG München, Beschluss v. 19.1.2015, 31 Wx 370/14, NJW 2015 S. 2128, dazu Brammen, NZFam 2015, S. 735)

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