Leitsatz
Bei einer Betriebsverpachtung ist § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG grundsätzlich nicht anzuwenden.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine KG, verpachtete im Dezember 1991 mit Wirkung ab 1.1.1992 Betriebsgrundstücke und -gebäude, Maschinen, Einrichtungen, Betriebsvorrichtungen und alle weiteren in ihrem Eigentum befindlichen Vermögensgegenstände an die S-GmbH. Das Pachtverhältnis endete am 31.12.1997. Nach § 3 des Pachtvertrags übernahm die S-GmbH das gesamte Personal der KG. Sie verpflichtete sich, als Pacht jährlich 90 % des Reinertrags aus dem Immobilienanteil, den Gerätschaften und den Dienstleistungen des Personals zu zahlen. Die KG verpflichtete sich, "im Rahmen der geschäftlichen und persönlichen Gegebenheiten Darlehensleistungen in etwa von Neubaumaßnahmen der S-GmbH als Gesellschafterdarlehen zu überlassen". 1992 waren an der KG als Komplementäre die D-GmbH (0 %) und D (34 %), als Kommanditisten P und A (je 33 %) beteiligt. Ab 1993 war nur noch die D-GmbH Komplementärin, Kommanditisten waren P (67 %) und A (33 %).
Die beantragte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wurde der KG ab Erhebungszeitraum 1992 versagt. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage für das Jahr 1992 statt, für die Jahre 1993 bis 1996 wies es die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH hat das Urteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Die KG war in allen Streitjahren gewerbesteuerpflichtig. Für 1992 ergibt sich das daraus, dass sie auch nach Einstellung ihrer werbenden Tätigkeit mit der Verpachtung des Betriebs an die S-GmbH weiterhin mindestens 200 fremde Wohnungen verwaltete. Dabei handelt es sich um eine gewerbliche Betätigung, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Tätigkeit führt, da der Ausnahmefall, dass die fortgeführte Wohnungsverwaltung nur einen zu vernachlässigenden "äußerst geringen Anteil" ausmacht, nicht ersichtlich ist. Für die Folgejahre 1993 bis 1996 war die KG als gewerblich geprägte Personengesellschaft gewerbesteuerpflichtig. Denn auf gewerblich geprägte Personengesellschaften sind die Grundsätze, nach denen der BFH die gewerbliche Betriebsverpachtung nicht als gewerbesteuerpflichtig angesehen hat, nicht anzuwenden.
Die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG war der KG nicht zu bewilligen, da eine Betriebsverpachtung grundsätzlich keine begünstigte Vermögensverwaltung darstellt. Zwar können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Prozentsatz des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Teil kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Begünstigt ist indes nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, denn Zweck der erweiterten Kürzung ist es, derartige Erträge von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben.
Im Streitfall ist die Nutzung des Grundbesitzes im Rahmen der Betriebsverpachtung der KG keine durch § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigte Vermögensverwaltung. Das Vorliegen einer Betriebsverpachtung war zwischen den Beteiligten nicht streitig. Denn alle im Eigentum der KG befindlichen Vermögensgegenstände und damit alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen waren mitverpachtet. Eine derartige Betriebsverpachtung wird von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG jedoch nicht erfasst, weil dabei nicht nur Grundbesitz i.S. einer typischen Vermögensverwaltung, sondern der lebende Organismus des Betriebs, d.h. typischerweise gerade auch Vermögen anderer Art verwaltet und genutzt wird. Anders wäre die Situation nur dann, wenn es sich bei dieser zusätzlichen Nutzung um eine Nebentätigkeit handeln würde, die als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Im Übrigen ist die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei einer Betriebsverpachtung auch dann nicht anzuwenden, wenn mit der Mitverpachtung von Mobiliar zur Grundstücksnutzung lediglich eine als äußerst geringfügig zu betrachtende und insoweit als wirtschaftlich vernachlässigbar erscheinende gewerbliche Tätigkeit hinzuträte. Die Vorschrift belässt insoweit keinen Auslegungsspielraum.
Praxishinweis
Der BFH macht deutlich, dass Betriebsverpachtungen nicht unter § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG fallen. Denn dieser begünstigt nur die typische Vermögensverwaltung von Grundbesitz, bei der Betriebsverpachtung geht es aber nicht nur um die bloße Verwaltung von Grundbesitz, vielmehr wird der lebende Organismus des Betriebs verwaltet und genutzt. Das geht über die bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes hinaus.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 14.6.2005, VIII R 3/03