Selbstständiges Beweisverfahren
In einem selbstständigen Beweisverfahren ging es um Mängel. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte die Mängel fest. Damit war der Auftragnehmer nicht einverstanden. Er beantragt ergänzende Feststellungen des Sachverständigen. Diese unterblieben aber ebenso wie eine mündliche Anhörung, da der Auftragnehmer den vom Gericht festgesetzten weiteren Vorschuss nicht zahlte. Das selbstständige Beweisverfahren endete daraufhin, ohne dass ein Ergänzungsgutachten eingeholt wurde oder der Sachverständige sein Gutachten in einer Anhörung verteidigen musste. Der Auftragnehmer erbrachte daraufhin Zahlungen an den Auftraggeber. Anschließend verlangte er von dem Sachverständigen Schadensersatz mit der Begründung, das Gutachten sei inhaltlich falsch und dem Sachverständigen falle jedenfalls grobe Fahrlässigkeit zur Last – doch durchweg ohne Erfolg!
Kein Vorschuss – keine Entscheidung – kein Schadensersatz
Nach § 839a BGB ist ein gerichtlich bestellter Sachverständiger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf einem vorsätzlich oder grob fahrlässig erstatteten, unrichtigen Gutachten des Sachverständigen basiert. Hier fehlt es schon an einer gerichtlichen Entscheidung. Das selbstständige Beweisverfahren endete nämlich nicht durch eine gerichtliche Entscheidung, sondern dadurch, dass der Auftragnehmer keinen Kostenvorschuss für das beantragte Ergänzungsgutachten einzahlte. Ein sich anschließender Rechtsstreit, in dem das Gutachten gemäß § 493 ZPO zugrunde zu legen gewesen wäre, fand nicht statt. Eine Haftung des Sachverständigen aufgrund einer analogen Anwendung des § 839a BGB scheidet ebenfalls aus. Denn die Norm ist nach dem gesetzgeberischen Willen nicht analog anwendbar.
Anhörung des Sachverständigen wichtig!
Hinweis: Selbst wenn § 839a BGB analog anwendbar gewesen wäre, hätte der Auftragnehmer keinen Erfolg gehabt. Denn er hat es versäumt, alle im selbstständigen Beweisverfahren möglichen Rechtsbehelfe einzulegen. Dazu gehören bei gerichtlichen Sachverständigengutachten auch der Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen bzw. die Erhebung von Einwendungen und Fragen betreffend das Gutachten sowie die Beantragung eines weiteren Gutachtens.
Fazit
Der gerichtliche Sachverständige haftet nur subsidiär. Will eine Partei den Sachverständigen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, muss sie zuvor unmittelbar gegen das Gutachten vorgehen und die Anhörung des Sachverständigen beantragen.
(OLG Frankfurt, Urteil v. 11.1.2017, 4 U 38/16, dazu NJW-Spezial 2017 S. 141; zur Beweissicherung bei Baumängeln ausführlich Mally, NJW 2017 S. 1081)