Leitsatz
- Unterliegt eine GbR als solche der Besteuerung, ergibt sich die persönliche Haftung der Gesellschafter der GbR für die Steuerschulden und die steuerlichen Nebenleistungen der Gesellschaft entsprechend § 128 Satz 1 HGB i.V.m. § 191 AO (Anschluss an die BGH-Rechtsprechung).
- Wer gegenüber dem Finanzamt den Rechtsschein erweckt, Gesellschafter einer GbR zu sein, haftet für Steuerschulden der Schein-GbR, wenn das Finanzamt nach Treu und Glauben auf den gesetzten Rechtsschein vertrauen durfte. Das ist nicht der Fall, wenn das aktive Handeln des in Anspruch Genommenen weder unmittelbar gegenüber dem Finanzamt noch zur Erfüllung steuerlicher Pflichten oder zur Verwirklichung steuerlicher Sachverhalte veranlasst war und ihm im Übrigen bloß passives Verhalten gegenüber dem Finanzamt vorzuhalten ist.
Sachverhalt
Als Gesellschafterin einer GbR hatte Frau X die Übernahme eines Handwerksbetriebs durch die GbR beim Bezirksamt an- und das Gewerbe später wieder abgemeldet. Aufforderungen des Finanzamts, die steuerliche Anmeldung sowie Feststellungs-, Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen einzureichen, ließ sie unbeantwortet. Auch gegen die GbR erlassene, ihr bekannt gegebene Steuerbescheide lösten keine Reaktionen aus. Als das Finanzamt X wegen der rückständigen Abgaben gemäß der §§ 427, 421 BGB in Haftung nahm, gab sie an, lediglich ihren Meistertitel zur Verfügung gestellt zu haben; eine GbR habe nicht bestanden.
Entscheidung
Der Haftungsbescheid ist rechtswidrig. Nach den für den BFH bindenden Feststellungen des FG hat eine GbR nicht bestanden. Es kam allenfalls eine Rechtsscheinshaftung in Betracht, wie sie im bürgerlichen Recht für denjenigen besteht, der sich nach außen als Gesellschafter geriert. Diese Rechtsfigur hat der BFH auch für das steuerliche Haftungsrecht grundsätzlich anerkannt. Danach setzt die Rechtsscheinshaftung voraus, dass über bloßes passives Verhalten gegenüber dem Finanzamt hinaus durch positives Tun ein "Vertrauenstatbestand als Grundlage für die Verpflichtung zur Steuerhaftung" geschaffen wurde. Dafür reicht ein weder unmittelbar gegenüber dem Finanzamt, noch zur Erfüllung steuerlicher Pflichten oder Verwirklichung steuerlicher Sachverhalte veranlasstes Handeln nicht aus; ebenso wenig eine Gewerbeanmeldung.
Praxishinweis
Die persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR für deren Steuerschulden gründet der BFH im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des BGH auf die entsprechende Anwendung des § 128 Satz 1 HGB.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 9.5.2006, VII R 50/05