Leitsatz
Eine Körperschaft haftet nicht nach § 10b Abs. 4 Satz 2 2. Alt. EStG, § 9 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. KStG wegen Fehlverwendung, wenn sie die Spenden zwar zu dem in der Spendenbestätigung angegebenen Zweck verwendet, selbst aber nicht als gemeinnützig anerkannt ist.
Sachverhalt
Ein Golfclub verlangte neben einem Mitgliedsbeitrag und einem Eintrittsgeld von jedem Mitglied die Zahlung einer sog. Eintrittsspende. Hiervon waren Mitglieder befreit, die stattdessen in gleicher Höhe einen Kommanditanteil an der KG erwarben, von der der Club die Golfsportanlage und das Clubhaus gepachtet hatte. In den Streitjahren 1990 bis 1994 lagen die Eintrittsspenden zwischen 6000 und 11000 DM. Ab 1993 wurden keine Eintrittsspenden mehr geleistet. Das Finanzamt hatte den Golfclub zunächst durch Freistellungsbescheid für 1990 vorläufig als gemeinnützig anerkannt. Nach einer Außenprüfung versagte es jedoch die Gemeinnützigkeit und setzte für 1990 bis 1994 Körperschaftsteuer fest. Gleichzeitig erließ es gegen den Golfclub einen Haftungsbescheid nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG und § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die empfangenen Spenden seien nicht für gemeinnützige Zwecke verwendet worden, da die Allgemeinheit wegen zu hoher Aufnahmeentgelte ausgeschlossen sei. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Auch der BFH sah die Voraussetzungen für eine Haftung des Golfclubs nicht gegeben. Nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG, § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG haftet für die entgangene Steuer, "wer veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden". Die Veranlasserhaftung in der Form der Verwenderhaftung erfasst danach Fehlverhalten des Empfängers im Zusammenhang mit der Spendenverwendung. Verwendet der Spendenempfänger aber die Spenden zu dem Zweck, der in der Spendenbestätigung angegeben ist, scheidet eine Haftung wegen Fehlverwendung nach dem Wortlaut der Haftungsbestimmungen aus. Nachdem der Golfclub die Spenden – wie in der Bestätigung angegeben – zur Förderung des Sports verwendet hat, konnte er nicht zur Haftung herangezogen werden. Ob der Verein möglicherweise nicht gemeinnützig war, weil auf Grund der Höhe der Eintrittsgelder eine Förderung der Allgemeinheit nicht angenommen werden konnte, ist nach Auffassung des BFH in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich.
Praxishinweis
Nach der im Besprechungsfall geltenden Rechtslage schied wegen des noch geltenden sog. Durchlaufspendenverfahrens eine Ausstellerhaftung von vornherein aus. Erst nach der gesetzlichen Neuregelung des Spendenrechts zum 1.1.2000 dürfen Vereine selbst Spendenbestätigungen ausstellen. In Betracht kommen konnte somit lediglich eine Veranlasserhaftung. Dennoch grenzt der BFH in diesem Urteil erstmals die Anwendungsbereiche der beiden Haftungstatbestände voneinander ab.
Die Veranlasserhaftung in Form der Verwenderhaftung scheidet danach in den Fällen aus, in denen die Spenden tatsächlich zu den in der Spendenbestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden. Ob die Spendenbestätigung richtig ist, der Spendenempfänger also tatsächlich (noch) gemeinnützig ist, spielt für die Veranlasserhaftung keine Rolle. Diese Frage fällt in den Bereich der Ausstellerhaftung. Würde man auch bei der verschuldensunabhängigen Veranlasserhaftung die Gemeinnützigkeit des Spendenempfängers voraussetzen, würde die verschuldensabhängige Ausstellerhaftung in vielen Fällen unterlaufen.
Hätte der Golfclub die Spendenbestätigungen selbst ausgestellt, wozu er nach neuem Recht befugt ist, würde er als Aussteller nicht haften, da er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig etwas Unrichtiges bescheinigt hat. Denn das Finanzamt hatte ihn nach Prüfung der Satzung, die die Zahlung sog. Eintrittsspenden vorsah, vorläufig als gemeinnützig anerkannt. Würde man – anders als der BFH – allein wegen fehlender (inzwischen aberkannter) Gemeinnützigkeit auch eine Verwenderhaftung für möglich halten, käme man in solchen Fällen stets unabhängig vom Grad des Verschuldens zu einer Haftungsinanspruchnahme. Das dürfte der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Unterscheidung der Haftungsformen und der Verschuldensmaßstäbe nicht beabsichtigt haben.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 10.9.2003, XI R 58/01