Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung?
Besteht während der Trennungszeit ein Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Zustimmung zur Kündigung des gemeinsamen Mietverhältnisses bzw. auf Mitwirkung an einer Kündigung des Mietvertrags? Diese Frage ist heiß umstritten.
Die Eheleute leben seit dem Auszug des Ehemannes aus der Ehewohnung getrennt. Nach Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens, aber vor Rechtskraft der Scheidung verlangt der Ehemann von der Ehefrau die Zustimmung zur Kündigung der Ehewohnung. Er macht geltend, ihm sei die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses mit der Folge der Mithaftung für die Miete nicht mehr zumutbar. Die Ehefrau beziehe Leistungen nach dem SGB II. Sie könne jederzeit eine andere Wohnung finden. Die Ehefrau wiederum behauptet, auf die Nutzung der Ehewohnung weiter angewiesen zu sein. Ein finanzielles Risiko des Ehemannes bestehe nicht. Sie habe sich im Innenverhältnis gegenüber dem Ehemann zur Freistellung verpflichtet. Das Familiengericht hat den Antrag des Ehemannes zurückgewiesen.
Vorrang des Familienrechts?
Nach Meinung des AG Rastatt kann der Ehemann von der Ehefrau nicht die Mitwirkung an einer gemeinsamen Kündigung des Mietverhältnisses verlangen. Das Gericht verweist dabei auf die herrschende Meinung, nach der kein Anspruch der Eheleute untereinander auf Zustimmung zur Kündigung vor rechtskräftiger Scheidung gegeben sei. Während der Trennungszeit überlagerten die familienrechtlichen Vorschriften der §§ 1361b und 1568a BGB die zivilrechtlichen Ansprüche der Ehegatten untereinander. Diese gestatteten einen Eingriff des Familiengerichts in das bestehende Mietverhältnis mit Außenwirkung erst für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung. Die maßgebliche Regelung des Nutzungsverhältnisses für die Trennungszeit in § 1361b BGB sehe eine vergleichbare Regelung durch das Gericht und die Ehegatten nicht vor und erlaube allgemein nur vorläufige Nutzungsregelungen ohne einen zusätzlichen Eingriff in das der Nutzung zugrunde liegende Rechtsverhältnis. Daraus ergebe sich insgesamt der gesetzgeberische Wille, nachdem eine Neugestaltung des Mietverhältnisses für die Trennungszeit ausgeschlossen sei.
Streitfrage noch ungeklärt
Hinweis: In der Entscheidung werden ausführlich die unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur dargelegt. Zwingend erscheint die Auffassung des AG Rastatt danach nicht. Zivilrechtliche Regelungen sind nicht grundsätzlich durch die Existenz der §§ 1361b, 1568a BGB ausgeschlossen. Nach deren Wortlaut kann Überlassung der Ehewohnung nur verlangt werden, wenn das Interesse des Antragstellers das Interesse des Antragsgegners überwiegt. Hierbei sind Billigkeitserwägungen in abgestufter Form vorzunehmen: Während der Trennungszeit ist eine unbillige Härte darzulegen, nach Rechtskraft der Scheidung reichen einfache Billigkeitserwägungen, jeweils unter Berücksichtigung von Kindeswohlinteressen. Eine Klärung durch den BGH steht noch aus.
(AG Rastatt, Beschluss v. 12.11.2014, 5 F 155/14, FamRZ 2015 S. 1499, kritisch dazu Derichs, NZFam 2015, S. 1025; zu der Problematik: OLG Hamburg, Beschluss v. 10.9.2010, 12 WF 51/10, NZM 2011 S. 311; Langheim, FamRZ 2007, S. 2030; Wever, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl. 2014, Rn. 328b)