Leitsatz

Eine Organgesellschaft kann nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht gleichzeitig in Unternehmen verschiedener Organträger eingegliedert sein.

 

Konsequenzen für die Praxis

Für die Annahme einer Organschaft wird die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung in das Unternehmen des Organträgers gefordert. Selbst wenn für die Frage der finanziellen Eingliederung auch Gesellschaftsanteile berücksichtigt werden könnten, die der Gesellschafter über Treuhänder hält, reichen jedenfalls wegen der mit der Organschaft verbundenen Rechtsfolgen, insbesondere die Umsatzzurechnung, mündlich getroffene Treuhandabsprachen nicht aus, um eine finanzielle Eingliederung zu begründen.

Die zur gewerbesteuerrechtlichen Organschaft vertretene Auffassung, dass auch eine Eingliederung in mehrere Unternehmen berücksichtigt werden kann (Mehrmütterorganschaft), ist nicht auf das USt-Recht übertragbar. Das ergibt sich schon aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG: Danach sind die im Inland gelegenen Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln. So muss auch nach dem EuGH-Urteil vom 22.5.2008[1] die nationale Organschaftsregelung einen einzigen Steuerpflichtigen vorsehen. Eine "Mehrmütterorganschaft" verbieten auch die Besonderheiten der USt. Denn jeder einzelne Steuerentstehungstatbestand (§ 13 UStG) und jede einzelne Berechtigung zum Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) müsste mehreren Organträgern anteilig zugerechnet und hinsichtlich der Verwendung von Leistungsbezügen auf die Verhältnisse mehrerer Organträger abgestellt werden.

Leistungen einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege an andere steuerbegünstigte Körperschaften seien nur nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei, wenn sie dem nach der Satzung etc. begünstigten Personenkreis unmittelbar zugutekommen. Es reicht daher nicht aus, dass die Leistung lediglich als Vorleistung in eine vom Leistungsempfänger an den begünstigten Personenkreis erst noch zu erbringende Leistung eingeht.

Im Streitfall hätte die – bisher nicht beachtete – Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-Richtlinie geprüft werden müssen (Steuerbefreiung für "die Dienstleistungen, die die selbstständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt"). Diese Steuerbefreiung ist auch dann anwendbar, wenn der Zusammenschluss Leistungen nicht gegenüber allen Mitgliedern erbringt[2]. Leistungen der Klägerin gegenüber ihren Gesellschaftern können danach steuerfrei sein, wenn deren Gesellschafter steuerfreie Tätigkeiten ausübten und wenn die Klägerin ihre Leistungen für unmittelbare Zwecke der Tätigkeit ihrer Gesellschafter erbrachte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 30.4.2009, V R 3/08, BFH/NV 2009 S. 1734

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