Leitsatz

Sagt der Schenker dem Bedachten den für den Erwerb eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag erst nach Abschluss des Kaufvertrags zu, scheidet eine mittelbare Grundstücksschenkung aus.

 

Sachverhalt

M stellte ihrem Sohn S am 4.7.1995 zur teilweisen Finanzierung einer Eigentumswohnung 100000DM als Darlehen zur Verfügung. Der Kaufvertrag über die Eigentumswohnung und die Auflassung der Eintragungsbewilligung wurden am 14.7.1995 beurkundet. Der Kaufpreis sollte am 15.8.1995 fällig sein. Der Notar stellte den Antrag auf Eigentumsumschreibung am 28.8.1995. M und S vereinbarten am 29.9.1995 die "Umwandlung" des Darlehens in eine Schenkung. Das Finanzamt sah hierin eine Geldschenkung, die es mit 100000DM bewertete. S begehrt die Behandlung als mittelbare Grundstücksschenkung.

 

Entscheidung

Nach dem äußeren Geschehensablauf stellt sich der zu beurteilende Vorgang als Verzicht der M auf die Rückzahlung des Darlehens über 100000DM dar. Das Grundstück kommt als Zuwendungsgegenstand nur dann in Betracht, wenn dies dem Willen der M entsprochen hat. Der Wille der M muss sich als "innerer Tatbestand" im objektiven Geschehensablauf widerspiegeln. Dies erfordert nach der Rechtsprechung des BFH[1] eine rechtzeitige Geldzusage und -hingabe. Hierfür muss der Schenker dem Bedachten den für den Kauf eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag vor dem Erwerb des Grundstücks zusagen und ihm den Betrag bis zur Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung stellen. Werden die Geldmittel erst nach Erwerb des Grundstücks zugesagt oder erhält sie der Bedachte erst nach Bezahlung des Kaufpreises, scheidet eine mittelbare Grundstücksschenkung aus. In einem solchen Fall stellt die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung beim Bedachten eine Geldzuwendung dar.

Erhält der Grundstückskäufer zunächst Mittel für den Erwerb eines bestimmten Grundstücks lediglich als Darlehen und verzichtet der Darlehensgeber später auf die Rückzahlung, ist nach diesen Grundsätzen eine mittelbare Grundstücksschenkung nur gegeben, wenn der Darlehensgeber die Umwandlung des Darlehens in eine Schenkung vor dem Grundstückserwerb zusagt und vor der Bezahlung des Kaufpreises tatsächlich vornimmt. Auf den Zeitpunkt der Darlehensgewährung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Das Darlehen hat insoweit keine schenkungsteuerrechtliche Bedeutung.

Da M erst am 29.9.1995 auf die Rückzahlung verzichtet hat, ist die Umwandlung des Darlehens in eine Schenkung nicht innerhalb des Zeitraums erfolgt, in dem eine mittelbare Grundstücksschenkung noch möglich war.

 

Praxishinweis

Eine mittelbare Schenkung liegt nur dann vor, wenn bereits beim Erwerb des Zuwendungsgegenstands feststeht, dass der Schenker den Kaufpreis oder Werklohn ganz oder teilweise übernimmt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine ausreichende Beweisvorsorge, möglichst in Form einer schriftlichen Erklärung des Schenkers.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 2.2.2005, II R 31/03

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