Leitsatz
Es besteht die Pflicht, die abschnittsbezogene lineare (sog. Normal-)AfA auch tatsächlich vorzunehmen. Auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG darf die versäumte AfA auf ein zunächst nicht als Betriebsvermögen erfasstes Wirtschaftsgut nicht nachgeholt werden.
Sachverhalt
Ein freiberuflich tätiger Erfinder überließ die Nutzung eines Patents ab 1987 aufgrund eines Lizenzvertrags der X-GmbH. Er verkaufte das Patent für 2 Mio. DM zum 1.1.1998 und gab damit zugleich seine Erfindertätigkeit auf. Der Steuerpflichtige hatte es versäumt, die AfA für die Jahre 1987 bis 1996 geltend zu machen. Das Finanzamt berücksichtigte einen Restbuchwert des Patents zum Veräußerungszeitpunkt von 160720 DM, den es ausgehend von einem Einlagewert von 375000 DM ermittelt hatte abzüglich der rechnerisch auf die Jahre 1987 bis 1997 entfallenden AfA auf das Patent. Das FG gab der Klage des Steuerpflichtigen statt und berücksichtigte die in den Jahren 1987 bis 1996 rechtsirrtümlich unterlassene AfA gewinnmindernd bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung des Patents.
Kommentar
Der BFH entscheidet, dass das FG zu Unrecht bei der Ermittlung des Aufgabegewinns die Summe der jährlichen AfA-Beträge auf das Patent für die Jahre 1987 bis 1996 vom Restbuchwert abgezogen und damit gewinnmindernd berücksichtigt hat. Zwar können AfA auf Wirtschaftsgüter, deren Vornahme pflichtwidrig unterlassen wurde, nach bisheriger ständiger Rechtsprechung grundsätzlich in späteren Steuerabschnitten nachgeholt werden, wenn eine Berücksichtigung in dem nach dem Gesetz zutreffenden Steuerabschnitt (Veranlagungszeitraum) verfahrensrechtlich nicht mehr möglich ist. Diese Rechtsprechung hat ihren Ausgangspunkt im Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn es um die AfA auf Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens geht, die in der Bilanz nicht aktiviert waren und die erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Anschaffung, Herstellung oder Einlage in das Betriebsvermögen erstmals in die Bilanz eingebucht werden. In diesem Fall der fehlerberichtigenden Einbuchung bestimmt sich der Bilanzansatz nach dem Wert, mit dem das bisher zu Unrecht nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Wegen des Prinzips der Gesamtgewinngleichheit gelten diese Grundsätze auch bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 22.6.2010, VIII R 3/08.