Leitsatz

  1. Die in § 73 AO angeordnete Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers erstreckt sich nicht auf steuerliche Nebenleistungen.
  2. Von der in § 239 Abs. 1 AO angelegten Verweisung auf die für Steuern geltenden Vorschriften werden die haftungsrechtlichen Bestimmungen des Zweiten Teils der AO nicht erfasst.
 

Sachverhalt

Das Finanzamt nahm eine Organgesellschaft mit Haftungsbescheid gemäß § 73 AO wegen Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer in Anspruch, die im Organkreis entstanden waren und bei dem Organträger nicht hatten beigetrieben werden können. Die dagegen erhobene Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Haftung der Organgesellschaft nach § 73 AO erstreckt sich nicht auf steuerliche Nebenleistungen wie Nachzahlungszinsen nach § 233a AO. Der Wortlaut des § 73 AO ist eindeutig; er nennt nur Steuern. Diesen Begriff definiert § 3 Abs. 1 AO. Nachzahlungszinsen gehören zu den steuerlichen Nebenleistungen, die erst in § 3 Abs. 4 AO genannt werden. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach die für Steuern geltenden Vorschriften auf Zinsen entsprechend anzuwenden sind, bezieht sich nur auf die Steuerfestsetzung, ist also lediglich eine Verfahrensvorschrift, nach der Zinsen in gleicher Weise durch Bescheid festgesetzt werden wie Steuern.

 

Praxishinweis

Eine Organgesellschaft haftet für Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Dadurch werden die Risiken ausgeglichen, die mit der Verlagerung der steuerlichen Rechtszuständigkeit auf den Organträger verbunden sind. Durch den haftungsrechtlichen Zugriff auf die Organgesellschaft sollen bei Zahlungsunfähigkeit des Organträgers Steuerausfälle vermieden werden, die sonst durch Vermögensverlagerungen innerhalb des Organkreises entstehen könnten.

Andere Haftungsvorschriften als § 73 AO fassen die Haftung aber weiter, insbesondere § 69 Satz 1 AO, der die Haftung des Vertreters auch für steuerliche Nebenleistungen und folglich Zinsen begründet. Ähnlich § 71 AO.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 5.10.2004, VII R 76/03

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