Leitsatz

  1. Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband ist eine Einrichtung der kommunalen Selbstverwaltung, nicht aber eine Rechnungsprüfungsbehörde des Freistaats Bayern. Ehemalige Bedienstete des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands erfüllen deshalb mit ihrer früheren Tätigkeit für den Prüfungsverband nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Steuerberaterprüfung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b StBerG.
  2. Die Befreiungsvorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b StBerG ist nicht über ihren Wortlaut hinaus dahin auszulegen, dass auch Tätigkeiten als Bediensteter des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands von ihr erfasst werden.
  3. Die Beschränkung der Befreiungsvoraussetzungen des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b StBerG auf ehemalige Beamte des gehobenen Dienstes und vergleichbare Angestellte der Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder verstößt weder gegen die Freiheit der Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG.
 

Sachverhalt

Ein langgedienter Prüfer des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands, der bei dessen Mitgliedern, überwiegend kommunalen Eigenbetrieben und Eigengesellschaften, Außenprüfungen durchgeführt und diese Unternehmen in steuerlichen Fragen beraten hatte, beantragte die Befreiung von der Steuerberaterprüfung. Die OFD lehnte den Antrag ab.

 

Entscheidung

Nach § 38 Abs. 1 Nr. 4 StBerG können nur ehemalige Mitarbeiter von Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder, die mindestens fünfzehn Jahre überwiegend auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachbearbeiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind, befreit werden. Der genannte Prüfungsverband ist jedoch weder eine Rechnungsprüfungsbehörde des Bundes noch eine solche des Freistaats Bayern. Er ist vielmehr eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, der als Mitglieder die kommunalen Spitzenverbände, die kreisfreien Städte und Großen Kreisstädte, Landkreise und Bezirke sowie bestimmte Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften, Zweckverbände und kommunale Stiftungen angehören, also keine Bundes- oder Landesbehörde. Es besteht auch nicht etwa von Verfassungs wegen eine Pflicht des Gesetzgebers, neben dem regulären Zugang zum Beruf des Steuerberaters durch Ablegen der Steuerberaterprüfung für bestimmte Personengruppen prüfungsfreie Zugangsmöglichkeiten zu schaffen. Tut er dies, hat er einen weiten Gestaltungsspielraum, für wen er dies tun will, der durch Ausklammerung genannter kommunaler Prüfer nicht überschritten worden ist. Denn die Hauptaufgabe des Prüfungsverbands ist die Rechnungs- und Kassenprüfung, die nicht ohne weiteres einen Zusammenhang mit den von Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern aufweist. Die Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder besitzen im Gegensatz hierzu umfassendere Prüfungskompetenzen.

 

Praxishinweis

Eine Prüfung der steuerrechtlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des konkreten Bewerbers um eine Prüfungsbefreiung findet niemals statt. § 38 StBerG befreit bestimmte Personengruppen gerade, um eine solche Prüfung zu vermeiden, unterstellt also bei den betreffenden Personen typisierend (unwiderleglich) ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Steuerberater.

Art. 12 Abs. 1 GG ist nur dann der richtige Prüfungsmaßstab, wenn es um die Versagung des Zugangs zu einem Beruf, nicht wenn es um die Beschränkung eines privilegierten Berufszugangs geht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.03.2004, VII R 68/03

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