Leitsatz

  1. Wenn der Erwerber einer verpachteten Gewerbe-Immobilie, der anstelle des Veräußerers in den Pachtvertrag eingetreten ist, anschließend wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Pächters auf Pachtzinszahlungen verzichtet und mit dem Pächter vereinbart, dass die Zahlungen wieder aufzunehmen sind, wenn sich die finanzielle Situation des Pächters deutlich verbessert, kann in der Regel nicht bereits eine unentgeltliche nichtunternehmerische Tätigkeit angenommen werden.
  2. Auch eine derartige Übertragung einer verpachteten Gewerbe-Immobilie kann eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1 a UStG sein.
 

Sachverhalt

Im Streitfall geht es im Wesentlichen darum, ob der Erwerber von Anteilen an einer Betriebs-GmbH und des an die GmbH vermieteten Grundstücks auch ohne Mieteingang Unternehmer und als solcher Organträger der GmbH war.

Der Kläger war Geschäftsführer der GmbH. Seine Eltern übertrugen ihm mit Wirkung vom 31.12.1998 Geschäftsanteile an der GmbH, so dass sich seine Beteiligung von 19,6 auf 90 %. erhöhte. Zugleich veräußerten sie ihm das Grundstück, auf dem die GmbH ihre Spedition betrieb; als Gegenleistung übernahm der Kläger die auf dem Betriebsgrundstück lastenden Verbindlichkeiten; im Übrigen erfolgten die Übertragungen unentgeltlich. Weiter wurde vereinbart, dass der Kläger anstelle seiner Eltern in den Mietvertrag über das Grundstück mit der GmbH eintritt.

Die GmbH hatte die vereinbarte Miete seit Jahren nicht gezahlt, weil sie hierzu wirtschaftlich nicht in der Lage war. Deshalb beschlossen die Eltern und der Kläger am 30.12.1998, dass der Kläger auf die Mietzahlungen verzichten und diese bei deutlich besserer wirtschaftlicher Lage der GmbH wieder aufgenommen werden sollten. Dazu kam es nicht, weil im April 2000 über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Der Kläger selbst führte bis einschließlich 1998 keine umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen oder sonstigen Leistungen aus und war vom Finanzamt nicht als Unternehmer erfasst. Von März bis Juli 2000 erbrachte er gegenüber dem Insolvenzverwalter der GmbH als freier Mitarbeiter Beratungsdienstleistungen gegen Entgelt.

Das Finanzamt sah den Kläger als Organträger der GmbH an und setzte für das Streitjahr 1999 und für das Jahr 2000 Umsatzsteuer unter Einbeziehung der Umsätze der GmbH fest. Die Einsprüche des Klägers, wonach er mangels Unternehmereigenschaft nicht Organträger der GmbH sei, blieben erfolglos. Das FG gab der Klage nur für das Streitjahr 1999 statt, da der Kläger kein Unternehmer und daher auch nicht Organträger gewesen sei. Allerdings sei der Kläger von März 2000 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28.4.2000 Organträger der GmbH gewesen.

 

Entscheidung

Der Kläger war im Streitjahr 1999 als Unternehmer tätig. Er übernahm Ende Dezember 1998 das "Verpachtungsunternehmen" seiner Eltern nach § 1 Abs. 1 a Satz 3 UStG 1993 und führte es selbst als Unternehmer weiter. Das Unternehmen wurde weder bei der Übernahme noch in der Folgezeit beendet. Außerdem wurden die Rechtsbeziehungen des Unternehmens, d.h. der Pachtvertrag mit der GmbH, nicht aufgelöst. Mangels Beendigung des Pachtvertrags war das erworbene Unternehmen auch fortführbar. Damit wurde der Kläger "Verpachtungsunternehmer". Der vorübergehende Verzicht auf das Entgelt führte nicht zu einer nichtunternehmerischen Tätigkeit. Hierzu müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht aufnehmen wollte. Da der Kläger danach im Streitjahr 1999 als Unternehmer tätig war, konnte seine Eigenschaft als Organträger – entgegen der Vorentscheidung – nicht verneint werden.

 

Praxishinweis

Entscheidend für den Streitfall ist der im "Hintergrund" stehende Grundsatz, dass die Unternehmereigenschaft des Veräußerers vom Erwerber nicht als "Rechtsnachfolger" erworben, sondern nur durch eigene Tätigkeit erreicht werden kann. Maßgebend ist bei der Aussetzung vereinbarter Entgeltszahlungen, ob bei Eintritt in die Vereinbarung die (objektiv belegbare) Absicht bestand, Entgelte zu erzielen. Dies war hier zu bejahen. Daraus folgte die Unternehmereigenschaft bereits bei Erwerb des Geschäfts. Daher konnte die vom FG erörterte Frage offen bleiben, ob eine Person ohne eigene wirtschaftliche Tätigkeit Organträger sein kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 7.7.2005, V R 78/03

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