Leitsatz

  1. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist auch dann gegeben, wenn die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann, weil dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie, würden sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen.
  2. Hat das FG eine für den Streitfall zweifellos einschlägige Rechtsvorschrift übersehen, ist aber bei der Frage, ob ein Fehler von erheblichem Gewicht vorliegt, zu berücksichtigen, in welchem Umfang sich der Fehler im Ergebnis nachteilig auf den unterlegenen Beteiligten ausgewirkt hat und in welchem Umfang die Beteiligten durch ihr eigenes Verhalten den Irrtum des FG hätten vermeiden helfen und damit ein anderes Verfahrensergebnis hätten herbeiführen können.
 

Sachverhalt

Da das Finanzamt vom Tod des Käufers eines Grundstücks zunächst nichts erfuhr, setzte es Grunderwerbsteuer gegen ihn fest, die von seinem Erben bezahlt wurde. Erst am 30.12. des vierten darauf folgenden Jahres machte der Erbe die Nichtigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids geltend und beantragte die Erstattung seiner Zahlung. Das Finanzamt lehnte die Erstattung ab. Die Klage wurde vom FG mit der Begründung abgewiesen, der Erstattungsanspruch sei verwirkt; der Kläger habe mit seinem Erstattungsantrag nicht bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist warten dürfen, um das Finanzamt auszuspielen. Der Kläger verlangt, die Revision gegen dieses Urteil zuzulassen – ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer war bei Eingang des Erstattungsantrags – anders als das FG meint – nicht abgelaufen; denn sie läuft erst fünf Jahre nach rechtskräftiger Entscheidung über den Erstattungsanspruch ab, wie sich aus § 171 Abs. 14 AO ergibt, den das FG und die Beteiligten übersehen haben. Das demnach eindeutig falsche Urteil des FG wirkt sich aber im steuerlichen Endergebnis nicht nachteilig für den Kläger aus, weil er bei einem Klageerfolg mit der Festsetzung der Grunderwerbsteuer rechnen müsste, von der Steuerlast also ebenfalls letztlich nicht frei würde.

 

Praxishinweis

  1. 1. Die Festsetzungsfrist für Steuern beträgt nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO grundsätzlich vier Jahre. Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird aber u.a. solange gehemmt, bis ein mit der Steuerfestsetzung "zusammenhängender" Erstattungsanspruch verjährt ist. Sonst könnte man auf nichtige Steuerbescheide zahlen und nach Ablauf von vier Jahren Erstattung beantragen. Denn der Erstattungsanspruch bei rechtsgrundloser Zahlung unterliegt nur der Zahlungsverjährung, die nicht vier, sondern fünf Jahre beträgt. Wegen § 171 Abs. 14 AO hat das Finanzamt nach Ablauf des Jahres, in dem die Entscheidung über den Erstattungsanspruch rechtskräftig wird, fünf Jahre Zeit, um den Steuerbescheid erneut zu erlassen.
  2. 2. Nach der FGO a.F. konnte eine Revision nicht allein deshalb zugelassen werden, weil das FG-Urteil falsch war. Das 2. FGO-ÄndG hat aber einen neuen Zulassungsgrund geschaffen, der dies – in Grenzen – ermöglichen soll. Die genaue Bedeutung dieses Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO ist aber noch nicht abschließend geklärt.
 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 7.7.2004, VII B 344/03

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