Leitsatz
Arbeitgeberanteile, die ein inländischer Arbeitgeber für einen unbeschränkt steuerpflichtigen französischen Arbeitnehmer an eine französische Sozialversicherung entrichtet, sind Arbeitslohn, der nicht nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG von der Steuer befreit ist, wenn die Abführung auf vertraglicher Grundlage erfolgt.
Sachverhalt
Ein bei einer inländischen GmbH, Tochtergesellschaft eines französischen Unternehmens, beschäftigter französischer Staatsbürger (S) mit Wohnsitz im Inland war ursprünglich leitender Angestellter bei der Muttergesellschaft und als solcher Pflichtmitglied in der französischen Sozialversicherung. Nach dem Wechsel zur GmbH entrichtete diese für S Pflichtbeiträge an die inländische Rentenversicherung. Außerdem führte die GmbH für S weiterhin Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge an eine französische Sozialversicherung (Capimmec) ab, der die GmbH mit Vertrag vom August 1955 beigetreten war. Dem Antrag des S, die Arbeitgeberleistungen an die Capimmec nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei zu belassen, folgte das Finanzamt bei der Veranlagung zum Streitjahr 1994 nicht. Klage und Revision hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Beiträge, die der Arbeitgeber für die Zukunftssicherung seines Arbeitnehmers an einen Dritten leistet, sind grundsätzlich steuerpflichtiger Arbeitslohn. Sie sind aber nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei, soweit der Arbeitgeber aufgrund sozialversicherungsrechtlicher oder anderer gesetzlicher Vorschriften zur Beitragsentrichtung verpflichtet ist. Eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitnehmers reicht hierbei nicht, wie ein Vergleich der Regelung in Satz 1 (Verpflichtung des Arbeitgebers) und den Sätzen 2ff. (Zuschüsse des Arbeitgebers zu Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitnehmers) des § 3 Nr. 62 EStG zeigt. Ob eine gesetzliche Beitragspflicht des Arbeitgebers – gegebenenfalls auch nach ausländischem Recht – besteht, hat das FG festzustellen. Dabei wird die Feststellung ausländischen Rechts verfahrensrechtlich wie die Feststellung von Tatsachen behandelt, das heißt, der BFH ist an diesbezügliche Feststellungen gebunden.
Das FG hat aus dem rechtsgeschäftlichen Beitritt der GmbH zur Capimmec im Jahr 1955 und aus dem Territorialprinzip, wonach ein fremder Staat eine inländische GmbH grundsätzlich nicht verpflichten kann, geschlossen, dass keine gesetzliche Abführungspflicht der GmbH bestand. Insbesondere hat es eine solche Verpflichtung nicht positiv festgestellt und zwar auch nicht dahingehend, dass die GmbH die Beiträge aufgrund eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages abgeführt hätte. Soweit S rügt, das FG hätte weitere Feststellungen zur Einordnung des Saarlands in die französische Rechts- und Wirtschaftsordnung treffen müssen, hätte es an ihm gelegen, konkrete – gegebenenfalls übergeleitete – Rechtsvorschriften zu benennen, aus denen eine Abführungspflicht abgeleitet werden konnte. Das ist nicht geschehen.
Abschließend führt der BFH aus, dass die Erfassung der Beiträge als Arbeitslohn weder gleichheitswidrig ist, noch eine EU-rechtswidrige Diskriminierung darstellt. Denn § 3 Nr. 62 EStG stellt weder auf die Nationalität des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers ab, noch darauf, ob der Arbeitgeber die Beiträge aufgrund inländischer oder ausländischer Gesetze entrichten muss.
Praxishinweis
Da nicht festgestellt wurde, dass eine gesetzliche Beitragspflicht bestand, was auf tatsächlichem Gebiet lag, weil es um ausländisches Recht ging, waren die Beiträge als solche zu einer freiwilligen Alterssicherung anzusehen, die neben der gesetzlichen Pflichtversicherung aufgebaut wurde. Beiträge zu solchen zusätzlichen Versicherungen sind nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerbefreit, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Vorsorge im Inland oder im Ausland erfolgt und wer der Versicherungsträger ist. Allerdings bleibt als steuerliche Entlastung im Rahmen des § 10 EStG der Sonderausgabenabzug.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 18.5.2004, VI R 11/01