Leitsatz (amtlich)

Die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG 1994 war für gewerbesteuerbefreite Einkünfte (hier aus dem Betrieb eines Krankenhauses) nicht zu gewähren.

 

Sachverhalt

Der Kläger zu 1 war in den Streitjahren 1994 und 1995 gemeinsam mit dem Kläger zu 2 in GbR als atypisch stiller Gesellschafter an der C-GmbH beteiligt. Die C-GmbH betrieb ein Privatkrankenhaus, das nach § 3 Nr. 20 GewStG von der GewSt befreit war. Die atypisch stille Gesellschaft wurde am 4.8.1997 durch Übertragung der GbR-Anteile auf die C-GmbH beendet. In den Gewinnfeststellungsbescheiden für die Streitjahre wurden die Gewinnanteile der Kläger als gewerbliche Einkünfte qualifiziert, die nicht der Tarifermäßigung nach § 32c EStG unterliegen. Klage und Revision der Kläger blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 32c Abs. 1 EStG a.F. war von der tariflichen Einkommensteuer ein Entlastungsbetrag abzuziehen, wenn in dem zu versteuernden Einkommen gewerbliche Einkünfte enthalten waren, deren Anteil am zu versteuernden Einkommen mindestens 100278 DM betrug. Gemäß § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG waren gewerbliche Einkünfte i.S. dieser Vorschrift - vorbehaltlich der Ausnahmen des Satzes 2 -Gewinne oder Gewinnanteile, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 GewStG der GewSt unterlagen. Die Kläger erzielten als atypisch stille Gesellschafter zwar gewerbliche Einkünfte. Diese waren nach § 3 Nr. 20 GewStG jedoch von der GewSt befreit. Auf Einkünfte, die gemäß § 3 GewStG von der GewSt befreit sind, war die Tarifentlastung des § 32c EStG nicht anzuwenden, da diese Norm darauf abzielte, durch Reduzierung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer einen Ausgleich für die Belastung gewerblicher Einkünfte mit GewSt zu schaffen. Der Finanzausschuss des Bundestages wählte bewusst die Gesetzesformulierung des § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG, um hierdurch weitgehend sicherzustellen, dass "die Tarifbegrenzung nur für solche Gewinne gilt, die auch tatsächlich der GewSt unterliegen"[1]. Dabei führte die Gesetzesbegründung ausdrücklich einige Beispiele von Steuerbefreiungen nach § 3 GewStG auf, die durch die im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf geänderte Formulierung des § 32c Abs. 2 EStG nicht in den Genuss der Tarifbegrenzung kommen sollten, darunter auch Krankenhäuser[2]. Dieser gesetzgeberische Wille hat im Gesetzeswortlaut hinreichenden Ausdruck gefunden. § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG setzte nämlich voraus, dass "Gewinne oder Gewinnanteile nach § 7 oder § 8 Nr. 4 GewStG der GewSt unterliegen".

Auch aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich kein Anspruch der Kläger auf Anwendung der Tarifbegrenzung. Trotz der Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Tarifbegrenzung des § 32c EStG scheidet sowohl eine Begünstigung der Kläger im Wege einer verfassungskonformen Auslegung als auch eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG im Streitfall aus. § 32c EStG kann nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf die Kläger ausgedehnt werden, da nur eine mehrdeutige Gesetzesfassung nach der Rechtsprechung des BVerfG einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, die im Übrigen weder gegen den Wortlaut einer Vorschrift noch gegen den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers erfolgen darf[3]. Wie ausgeführt, entsprach es aber dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, gewerbliche Einkünfte, die nach § 3 GewStG von der GewSt befreit sind, nicht in die Tarifbegünstigung des § 32c EStG einzubeziehen.

Einer Vorlage an das BVerfG wegen der erwähnten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 32c EStG steht entgegen, dass es bei der Entscheidung des Rechtsstreits auf die Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG nicht ankommt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass die Kläger im Falle der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift in die Begünstigung einbezogen werden könnten.

Der Hinweis der Kläger, dass öffentliche Krankenhäuser als Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 23 Abs. 2 KStG a.F. einem besonderen Körperschaftsteuersatz von 42 % unterlagen, kann ebenfalls weder zur Einbeziehung der Kläger in den Anwendungsbereich des § 32c EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung führen noch zu einer Vorlage an das BVerfG.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 1.3.2001 – IV R 24/00

[1] Vgl. BT-Drs. 12/5016, S. 17, 88
[2] Vgl. § 3 Nr. 20 GewStG; BT-Drs. 12/5016, S. 88

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